Kulturarchiv

Klassiktipp
The Beethoven Project. Klavierkonzerte Nr. 1-5, vier Ouvertüren, Oliver Schnyder, Luzerner Sinfonieorchester, James Gaffigan
In seinem Roman „Sucht mein Angesicht“ äussert der US-Schriftsteller, die Tragik des modernen Künstlers bestünde darin, dass die Aufmerksamkeitsspanne der Öffentlichkeit heute wesentlich kürzer sei, als die Schöpferkraft des Künstlers andauere. Diese Tragik ist gewissermassen unter anderen Vorzeichen auch die der Klassikbranche. Die Wirkung von neuen Produktionen ist schnell verflogen und haftet kaum noch im Bewusstsein der Zuhörer. Dies ist besonders bei Aufnahmen vom sogenannten Standardrepertoire zu beobachten. Kaum, dass eine von der Kritik bejubelte Einspielung veröffentlicht ist, wird sie vom nächsten vermeintlich massstabsetzenden Projekt abgelöst.
Solche Überlegungen stimmen traurig angesichts dieser sorgfältigen schweizerischen Produktion aller Klavierkonzerte Beethovens, die es – obwohl sie es verdient hätte – schwer haben dürfte, sich auf dem Markt dauerhaft durchzusetzen. Zu gross ist die Konkurrenz an sogenannten Staraufnahmen.
Oliver Schnyder und das Luzerner Sinfonieorchester haben sich in der Konzertsaisen 2016/17 intensiv mit Beethoven auseinandergesetzt und sich Zeit genommen, um aus einem künstlerischen Reifungsprozess heraus diese Aufnahmen entstehen zu lassen. Die Frische und die Impulsivität des Musizierens, die feinen dynamischen Abstufungen im Orchester, das fliessend-beredte Spiel des Pianisten auf einem alten klangvoll-kantablen Bechstein-Flügel, der bereits von Wilhelm Backhaus gespielt wurde, verleihen jedem Konzert seine eigene Würde.
Hier wird immer gleichsam aus dem Werk heraus musiziert, nicht auf wirkungsvolle Effekte hin gespielt, sondern im kommunikativen Miteinander ein Kunstwerk erschaffen. Diese integren und uneitlen Aufführungen lassen Beethovens aufklärerische Ideale einer freien Gemeinschaft wieder auf dem Angesicht der Kompositionen erscheinen.
Frank Siebert, Fono-Forum 4/2018

Klassiktipp
Chopin Evocations. Chopin/Pletnev: Klavierkonzerte Nr. 1 und 2; Chopin: Variationen über „La ci darem la mano“ op. 2, Rondo für 2 Klaviere op. posth. 73, Fantasie-Impromptu op. 66; Schumann: Chopin aus op. 9; Grieg: Hommage à Chopin op. 73/5; Tschaikowsky: Un poco di Chopin op. 72/15; Mompou: Variationen über ein Thema von Chopin, Daniil Trifonov, Sergei Babayan, Mahler Chamber Orchestra, Mikhail Pletnev
Trifonovs Chopin-Beschwörungen dürften eine der besten und vor allem auch interessantesten Chopin-Veröffentlichungen der letzten Jahre sein. Hauptwerke der Doppel-CD sind die beiden Klavierkonzerte, die Trifonov allerdings in einer neuen Orchestrierung von Mikhail Pletnev spielt. Dass Pletnev, der russische Meisterpianist, Dirigent und Komponist, auch am Pult des Mahler Chamber Orchestra steht, verleiht der Einspielung Authentizität.
Es ist hinlänglich bekannt, dass Chopins Kunst der Orchestrierung immer wieder in Frage gestellt wurde. Der Orchesterpart hat in seinen Konzerten weitestgehend begleitende Funktion. Bei Chopin gibt es kein „concertare“ zwischen Solist und Orchester, also keinen Wettstreit auch nur annähernd gleicher Partner. Hier dominiert klar der Pianist. Und das ist auch in Pletnevs Fassung nicht anders. Beim ersten Hören (nur mit der Original-Partitur in der Hand) finden sich weite Teile, in denen Pletnev die originale Orchestrierung kaum verändert hat. So scheint er eher punktuell eingegriffen zu haben. Besonders deutlich wird das an jenen Stellen, an denen er (Streicher-)Stimmen in die Holzbläser verlegt hat, etwa im Allegro Maestoso des ersten Konzertes beim cantabile-Einsatz (Takt 61), welches der Stelle in der Tat mehr Farbigkeit gibt; im Rondo desselben Konzerts, wo zu Beginn die quirligen Holzbläser die Wiederholung des musikantischen Klavierthemas übernehmen; oder auch ganz am Anfang des Maestoso des zweiten Konzertes, wo die Holzbläser allerdings die anfängliche Streicher-Dramatik farblich auflösen. Dass man die von Pletnev ebenfalls vorgenommene Ausdünnung des Streichersatzes bei der Einspielung nicht immer hört, hängt wohl damit zusammen, dass Pletnev das Mahler Chamber Orchestra ohnehin etwas defensiv im Hintergrund hält und dem Orchester nicht jenes Gewicht gibt, das beispielsweise Krystian Zimerman in seiner Einspielung mit dem Polish Festival Orchestra verliehen hatte (1999 ebenfalls für die DG). Auch wirkt das Orchester bei Zimermans Interpretation viel präsenter und transparenter.
Trifoniv spielt seinen Part in einer Weise, die Zimermans gleichzeitig lyrischer wie brillanter Interpretation in nichts nachsteht. Trifonov agiert mit einer so gelösten Virtuosität, so fliessenden Eleganz und einem so hinreissend schönen Ton, dass man es sich nicht überzeugender vorstellen kann. Angaben wie „delicatissimo“, „dolcissimo“ oder „legatissimo“, wie sie in Chopins Klaviersatz immer wieder auftreten, liegen bei Trifonov in den besten Händen. Auf demselben Niveau bewegen sich auch seine Interpretationen der nicht ganz so oft eingespielten Mozart-Variationen Chopins, von dessen viertem Impromptus und – an der Seite seines Lehrers Sergei Babayan, der wiederum bei Pletnev studiert hat – des Rondos für zwei Klaviere, das die beiden höchst harmonisch in der Fassung ohne Orchester vortragen.
Zusätzliches Interesse verdienen diese Chopin-Beschwörungen durch jene zumeist kurzen Chopin-Würdigungen von Schumann, Grieg, Barber und Tschaikowsky, die den Einfluss dokumentieren, den Chopin auf Zeitgenossen und Nachwelt ausgeübt hat. Barber hatte seine eher düster-dramatische Nocturne allerdings John Field gewidmet, der wiederum selbst 18 Nocturnes geschrieben und damit Chopin massgeblich beeinflusst hatte. Höhepunkt in Trifonovs Sammlung von Chopin-Hommagen sind die zwölf Variationen Frederic Mompous über ein Thema von Chopin. Mompou nahm das Prélude op. 28/7 als Ausgangspunkt, um in zumeist sehr kurzen Veränderungen Chopins Musiksprache mit impressionistischen und jazzigen Elementen zu versetzen. Und Daniil Trifonov spielt das mit einer Poesie und einem solch hinreissenden musikalischen Feingefühl, dass allein schon dieses Werk den Kauf der herausragenden Doppel-CD rechtfertigen würde. Gratulation!
Gregor Willmes, Fono-Forum 11/2017

Klassiktipp
Ludwig van Beethoven – Sinfonien Nr. 1 – 9, Saturova, Fujimori, Elsner, Gerhaher, MDR Rundfunkchor, GewandhausChor, Gewandhausorchester Leipzig, Herbert Blomstedt (Aufnahmen 2014-2017)
Unter den grossen Dirigenten der Gegenwart ist Herbert Blomstedt der Dienstälteste. Der 1927 in den USA geborene Schwede feierte im Juli seinen 90. Geburtstag, was ihn aber nicht hindert, im Herbst eine strapaziöse Welttournee zu planen. Als Dirigent debütierte er 1954 in Stockholm und leitete dann diverse skandinavische Orchester, bevor er 1975 die Dresdner Staatskapelle übernahm. 1985 ging er nach San Francisco und gab dann nach 1998 dem Leipziger Gewandhausorchester entscheidende neue Impulse: So führte er u.a. die alte „klassische“ Sitzordnung wieder ein, und verlieh dem sächsischen Traditionsorchester ein ganz neues Profil historisch informierter Transparenz. Wie sich das bei Beethoven auswirkt, kann man jetzt in einem zu seinem Jubiläum erschienenen CD-Zyklus nachhören, den das deutsche Label Accentus jetzt aus Leipziger Rundfunkproduktionen der letzten drei Jahre zusammengestellt hat.
Er unterstreicht mit Nachdruck Blomstedts Bedeutung als einer der führenden Beethoveninterpreten unserer Zeit. Natürlich erwartet man von einem (fast) 90-jährigen Weltbürger keine revolutionären Sprengsätze, aber was Blomstedt da mit unerschütterlicher Souveränität und einer elektrisierenden Frische aus diesen noch immer munter brodelnden Vulkanen an dramatischen Energieschüben herausholt, ohne dabei die objektive Ebene des Material-Faktischen, also des strukturellen Kontexts zu verlassen, das verleiht diesen Heiligtümern eine völlig neue innere Logik und Sogkraft. Selten klangen Beethovens Sinfonien so stringent, so druckvoll fliessend und so spannungsgeladen, wobei Blomstedt sein Ego ganz zurücknimmt und Beethovens ganz speziellen Kompositionsprozess, also die grosse Gedankenlinie in den Mittelpunkt rückt. Das unterscheidet seien Zyklus entscheidend von allen derzeit angesagten Beethovenrebellen, die sich allzu gerne in spektakulären Details verlieren, die von aussen emotionalen Zündstoff zuführen.
Blomstedts Zyklus dagegen wirkt wie aus einem Guss, in jedem Detail frappant logisch und zielgerichtet, und er unterstreicht auch die inzwischen wieder erlangte Weltgeltung des Gewandhausorchesters: Und so fügen sich hier auch die prominenten Schlüsselwerke wie die „Eroica“ oder die Fünfte ganz nahtlos in einen organischen Entwicklungsprozess, der auf alles übertriebene Pathos, auf allen Titanismus, aber eben auch jeglichen Effekt und spektakuläre Klangprofile verzichtet und aus wissender Überlegenheit sich eine letzte Spur von emotionaler Distanz bewahrt.
Selbst die den üblichen sinfonischen Rahmen sprengende, emphatische Neunte klingt frisch, schlank und präzise fokussiert, fast wie ein rational klingender Durchbruch zu einem neuen kollektiven Musikempfinden. So schärft Blomstedt den Blick auf das Wesentliche, auf das, was Beethoven eigentliche Grösse ausmacht. Ein Zyklus mit Referenzqualität.
Attila Csampai – Musik und Theater

Klassiktipp
Maurice Ravel: „Daphnis et Chloë“, komplettes Ballett, Ensemble Aedes, Les Siècles, François-Xavier Roth
Sie denken, der Sonnenaufgang im «Zarathustra» von Richard Strauss sei nicht zu toppen ? Mag sein, aber schon Strauss macht sich später in der „Alpensinfonie“ kräftig selbst Konkurrenz, in der üppigen, naturalistischen Schilderung dieses Naturereignisses. Und ist damit längst nicht der Erste. Schon Haydn fing das Erwachen des Sonnenlichts in der „Schöpfung“ sehr suggestiv ein, Grieg zauberte Morgenstimmung im „Peer Gynt“ über die Sahara, Mussorgsky über russische Flusslandschaften in „Chowanschtschina“ oder Sibelius schilderte den Sonnenaufgang als Erlösung nach einem unheimlich wilden „Nächtlichen Ritt“. Aber noch ein Sonnenaufgang gehört ganz zuvorderst in diese Rangliste: „Lever du jour“ aus Ravels Ballett „Daphnis et Chloë“. Vor allem, wenn er so gespielt wird wie hier vom Orchester „Les Siècles“, das der Pariser Dirigent François-Xavier Roth 2003 als Originalklangensemble für das 19. Und 20. Jahrhundert gründete, das unterdessen vor allem in der Musik des Fin du Siècle für Furore sorgte: 2015 schon erhielt das Ensemble für die historisch das Klangbild der Uraufführungen berücksichtigende, vor allem aber lebendige und klangsinnliche Interpretationen der Strawinsky-Ballette „Petruschka“ und Sacre du Printemps“ den Jahrespreis der Deutschen Schallplattenkritik.
Debussys Orchesterstück „La Mer“ wird oft als Höhepunkt französisch-impressionistischer Instrumentierungskunst genannt. Man muss – hört man hier „Les Siècles“ zu – Ravels Ballett, das 1912 für Diaghilevs „Ballets russes“ in einer Choreographie von Michel Fokine uraufgeführt wurde, Debussys unbestrittenem Meisterwerk auf gleicher Höhe an die Seite stellen. Es ist ein veritables Abenteuer, dem immensen, subtil ausgedeutetem Reichtum dieser Klangfarbenschichtungen zuzuhören, und das in einer der historischen Instrumente wegen filigranen Durchsichtigkeit, die dennoch punktet mit strahlender Leuchtkraft und Intensität. „Les Siècles“ überzeugen in allen Registern: die samtenen Farben der noch auf Darmsaiten spielenden Streicher, die schmeicheln, aber nicht sülzen, eröffnen dabei ein stabiles Podium für Ravels grossartige Klangfarbenpalette aus dem ganzen Arsenal an Holzbläsern seiner Zeit, die auf diese Weise allen Raum zur Entfaltung erhalten, und unter den Händen von Roth auch nutzen, um die suggestive Kraft dieser Ballettmusik mit glühender Intensität zum Leben zu erwecken. Nie hat Ravel mehr Farben für sein Orchester erfunden, sogar der textlose Chor fügt sich ein in die Naturstimmungen dieser Hirtenmusik.
Reinmar Wagner, Musik & Theater 05/2017

Klassiktipp
Mozart: Violinkonzerte Nr. 1-5, Rondos KV 269 & 373, Adagio KV 261; Isabelle Faust, Violine, Il Giardino Armonico, Giovanni Antonini
Wer hätte das gedacht. Mozarts Violinkonzerte gehören zum absoluten Standard der Konzertliteratur, die Zahl der Einspielungen ist immens. Und doch gibt es immer wieder Aufnahmen, die dem Bild erstaunlich neue Facetten hinzufügen. Vilde Frang, Frank Peter Zimmermann oder Henning Kraggerud haben jüngst gezeigt, dass bei Mozart noch nicht alles gesagt ist. Jede dieser Aufnahmen trägt eine ganz persönliche Handschrift. Das trifft nun auch auf die Gesamtaufnahme mit Isabelle Faust, Il Giardino Armonico und Giovanni Antonini zu. Dass diese Geigerin wieder etwas ganz Besonderes bieten würde, war zu erwarten. Wohl kaum jemand macht sich mehr Gedanken, wenn es um Differenzierung und Abgrenzung unterschiedlicher Stilepochen geht.
Besonders deutlich konnte man dies schon im herausragenden Beethoven-Sonatenzyklus mit Alexander Melnikov erfahren. Bei Mozart liegen die Dinge ähnlich. Isabelle Faust hat sich mit einem der renommiertesten italienischen Originalklangensembles zusammengetan, das gibt die Richtung vor für eine „historisierende“ Lesart.
Diese ist grundsätzlich geprägt von einem sehr durchsichtigen, hell timbrierten , leichten und fein abgestuften Klang, einem sehr schlanken und filigranen Ton der Solovioline, der in höheren Lagen manchmal sogar etwas dünn wirkt, zumal Isabelle Faust Vibrato nur sehr sparsam als klanggestaltendes Mittel einsetzt. Die Phrasierung wirkt deutlich, sprachhaft und dynamisch, zudem fallen einige ungewohnte Verzierungen in der Solostimme auf.
Alles in allem besitzt diese Interpretation einen gewissen artifiziellen Charakter. Das fällt auf, wenn man sie etwa vergleicht mit dem spontanen und klanglich üppigeren Ansatz von Zimmermann oder Kraggerud. Einen besonderen Akzent und ein veritables Überraschungsmoment erhält diese Gesamteinspielung durch die Kadenzen, die Andreas Staier Isabelle Faust in die Finger geschrieben hat.
Norbert Hornig, Fono Forum 1/2017

Klassiktipp
Anna Netrebko: Verismo, Arien und Szenen von Cilea, Giordano Leoncavallo, Boito, Ponchielli, Catalani, Puccini
Anna Netrebko gelingt auf ihrem neuen Album ein Versimo, der ohne Verismen auskommt. Ihre Wahrheit liegt in der Musik, im Gesang, im Klang. Selten hört man die auf der CD versammelten Show-Stopper des Repertoires derart musikalisch durchdacht, so wunderschön gesungen und dabei höchst spannend gestaltet. „La mamma morta“ mit kammermusikalischem Feinsinn von Antonio Pappano und dem römischen Orchester eingeleitet, bleibt Kunstgesang auch im Entkräfteten. Die Portamenti der Butterfly-Arie („Un bel di“) wirken absolut schlüssig, die Unruhe des Wartens steigert sich bis zum letzten und noch im letzten Ton; auch La Wallys Schmerz wird ohne Nachdruck fühlbar. Ganz wunderbar gelingt die Arie aus „I Pagliacci“, ohne Hektik, aber mit grosser Sehnsucht. Und auch hier wieder eine phänomenale Leistung des Orchesters, das die instrumentale Andeutung der Vögel mit unerhörter Präzision und Ausdifferenziertheit zelebriert.
Anna Netrebko hat sich ihren lyrischen Klangkern bewahrt, selbst in einem horrend schweren Stück wie der Gioconda-Arie verliert die Stimme nie ihr Gleichgewicht, sie bewahrt ihr rundes, weiches, volles, sinnliches strahlendes und zugleich sensibles Wesen. Man ist überrascht, wie einfach vieles auf diese Aufnahme klingt, wie selbstverständlich – wie wahhaftig. Die grossen Ausbrüche reissen emotional mit, fallen dabei aber nie aus der musikalischen Linie. Selbst das „Tutto è finito“ am Ende der gewaltigen Manon-Lescaut-Arie wird ausgesungen. Anna Netrebko widersteht in sängerischer Vollkommenheit jeder Versuchung, ausserhalb ihres Rahmens Farbakzente setzn zu wollen. Die Stimme schwingt immer frei aus, und die Seele schwingt mit – ohne dass sich die Sängerin darum verzehren müsste. Schliesslich ist Verismo kein Naturalismus oder gar vokales Method Acting – sondern höchste Lust.
Johannes Schmitz, Fono Forum 10/2016

Klassiktipp
Mahler, Sinfonie Nr. 1 in D-Dur
Nach wie vor birgt Mahlers sinfonischer Erstling einige Geheimnisse. So fehlt in dieser Veröffentlichung der Beiname „Titan“, weil sich die Musikwissenschaftler nicht einig sind, ob das eine Anspielung auf den gleichnamigen Roman von Jean Paul ist, oder ob es sich – so erklärte es Mahler selbst – nur um eine Anspielung auf einen kraftvollen Helden handelt. Wenn Letzteres aber der Fall ist, warum klingt die Musik hier dann (jedenfalls in den ersten drei Sätzen) über weite Strecken so duftig und weich? Zweifellos hängt das mit Nézet-Séguins Sicht der Dinge zusammen – vor allem aber mit dem Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks, das spätestens seit dem goldenen Zeitalter und Kubelik und jetzt unter Jansons das vielleicht kongenialste Mahler-Orchester ist.
Unvergleichlich die weichen, schlanken Holzbläser mit den Silberflötentönen zuoberst wie ein sonnenglänzender Firn. Die Hörner verwöhnen mit romantischem Wohlklang, die Trompeten bringen jugendliche Strahlkraft ohne jegliche Kraftprotzerei ins akustische Feld. Überhaupt, unter Nézet-Séguin wirkt diese Musik unglaublich jung, zu Beginn sind – wie es in Mahlers Anweisung heisst – alle Betonungen sehr zart, im zweiten Satz ist die Artikulation dann eher rustikal, denn es handelt sich ja um einen Bauerntanz, aber ohne unnötig derb zu werden. Das Kontrabass-Solo zu Beginn des dritten Satzes klingt wie aus einer anderen – eher kindlichen – Welt herüber. Und selbst die problematische Stelle ab Takt 39, wo Oboen in Terzen mit Trompeten in Sexten wetteifern und Mahler das als Parodie haben wollte, wirkt nicht kitschig übertrieben. Insgesamt eine jugendliche, in sich ungemein stimmige und souverän realisierte Interpretation – bewundernswert auch, weil hier von Anfang an der Nerv der Musik getroffen wird. Naturlaut und Wunderhorn-Ton in schönster Vollendung.
Werner Pfister, Fono-Forum 06/2016

Klassiktipp
Wilhelm Fitzenhagen, Cellokonzerte Nr. 1 und 2
Alban Gerhardt ist mit fünf CD’s der am meisten beschäftigte Cellist in der bemerkenswerten Reihe „The Romantic Cello Concerto“ von Hyperion. Die siebte Folge ist Wilhelm Fitzenhagen (1848 – 1890) gewidmet. Der aus Deutschland stammende Komponist folgte dem Ruf von Nikolai Rubinstein, der ihn als Celloprofessor an das neugegründete Moskauer Konservatorium verpflichtete. Ein folgenreicher Schritt, denn so wurde er zusammen mit Karl Davidoff, der am Konservatorium in St.Petersburg unterrichtete, zum Begründer der bedeutenden russischen Celloschule.
Sein Name fällt heute vor allem im Zusammenhang mit Tschaikowskys „Rokoko-Variationen“, weil er das ihm gewidmete Werk bearbeitete und dabei erheblich in die Struktur des Stückes eingriff. Er ordnete die Variationen um und liess gar eine ganz wegfallen. So trimmte er die Dramaturgie des Werkes auf Brillanz, es sollte auf dem Konzertpodium wirken wie ein romantisches Virtuosenkonzert. Tschaikowsky war über Fitzenhagens Bearbeitung zunächst wenig begeistert, eher widerwillig liess er sich aber schliesslich umstimmen und autorisierte die veränderte Fassung, die heute vorwiegend gespielt wird, wie hier von Alban Gerhardt. Dieser gibt dem effektvollen Werk nicht nur die nötige Brillanz, sondern auch die Eleganz und den kultivierten Feinsinn, die in dieser Musik immer wieder mitschwingen.
Die auf dieser CD versammelte Auswahl von Kompositionen mit Orchester lässt eines klar erkennen: Fitzenhagen muss ein sensationeller Cellist gewesen sein, die beiden Cellokonzerte und die Ballade sind gespickt mit technischen Höchstschwierigkeiten. Zwar sind diese Werke mehr als pures Virtuosengeklingel, geniessen kann man sie aber nur, wenn sie von einem Cellisten gespielt werden, der ihnen manuell voll gewachsen ist – wie Alban Gerhardt. Der hat das alles im Griff, spielt damit und saust das Griffbrett hinauf und hinunter, dass man nur staunen kann.
Norbert Hornig – Fono Forum 02/2016

Klassiktipp
Peteris Vasks: Cellokonzert Nr. 2 „Presence“, Musique du soir, Gramata Cellam, Sol Gabetta, Violoncello, Amsterdam Sinfonietta, Candida Thompson
Angenehm unbewölkt und nicht raunend klingt schon die (hier erstmals aufgenommene) „Musique du soir“ für Violoncello und Orgel – unbeschadet der naturbeschwörenden Grundausrichtung des Komponisten. Auch Vasks‘ zweites, für Sol Gabetta geschriebenes, Cello-Konzert schlägt sich, indem es mit einer Kadenz anhebt, auf die Seite durchaus virtuoser Solisten-Kost. Sogar zu einigem Melodienprunk schwingt sich – von Gabetta souverän ausgekostet – das gut halbstündige Werk auf. Im elegisch aggressiven Mittelteil kommt die Amsterdam Sinfonietta transparent zum Zug. All das klingt mutig und zielbewusst.
Fono-Forum 12/2015

Klassiktipp
Joseph Haydn, Pariser Sinfonien
Sechs Sinfonien hat Joseph Haydn in den 1780er Jahren für Paris geschrieben. Heute stehen die Pariser Sinfonien deutlich im Schatten der späteren Londoner, Haydns letzten Beiträgen zur Gattung. Angesichts dieser Rezeptionssituation kommt eine verantwortungsvolle und künstlerisch inspirierte Interpretation wie diejenige, die Roger Norrington und sein Zürcher Kammerorchester jetzt vorgelegt haben, gerade recht. Insbesondere mit der Wahl der angemessenen Tempi hat sich der Dirigent intensiv auseinandergesetzt und dafür eine Philosophie entwickelt, die er konsequent umsetzt. So hat man stets das Gefühl, dass hier genau das richtige Zeitmass getroffen wurde, was insbesondere den Mittelteilen zugutekommt, die hier nie mit der ermüdenden Behäbigkeit daherkommen, die man andernorts oft erleben kann. Norrington motiviert seine Musiker darüber hinaus zu einer extrem ausgefeilten und vitalen Artikulation, die den Ecksätzen einen erfrischenden Drive, hohe Transparenz und Esprit verleiht. Das Zürcher Kammerorchester ist ein Spitzen-Klangkörper, der den Vorstellungen von Sir Roger auf höchstem spieltechnischen Niveau zu folgen vermag. So entstehen wirkungsvolle Kontraste und beispielsweise aus Trugschlüssen musikalische Überraschungsmomente, die diesen Namen auch verdienen.
Das Aufnahmeteam hat den durchsichtigen Orchesterklang sehr gut eingefangen. Die Sinfonien erklingen in einem angenehmen weichen Sound ohne allzu grosse Trockenheit, aber eben auch nicht fett und breiig. Wieder eines der schönen Beispiele, in denen Interpret und Tontechnik kongenial zusammengewirkt haben. Ein sehr hörenswertes Dokument zum Ende von Roger Norringtons Zeit bei den Zürchern!
Arnd Richter, Fono-Forum 7/2015

Klassiktipp
Emilio de Cavalieri, Rappresentatione di anima e di corpo
An Emilio de Cavalieris «Rappresentatione di anima e di corpo» lässt sich ablesen, dass zu Beginn des Musiktheaters eine Trennung zwischen geistlichem Oratorium und weltlicher Oper noch nicht bestand. Das Werk wurde im Heiligen Jahr 1600 uraufgeführt, und zwar szenisch und in einem ausserliturgischen Kontext, aber mi einem geistlichen Sujet. Leib und Seele streiten hier um die rechte Lebensführung, Vergnügen und Verstand spitzen den Konflikt zu, weitere Allegorien bestätigen die vorgebrachten Positionen, bis sich am Ende Leib und Seele für einen gemeinsamen Weg zum Himmel entscheiden und mit allen Figuren in ein grosses Gotteslob einstimmen. Die Schwarz-Weiss-Struktur und die poetische Form des Textes verhindern eine echte Dramaturgie, wie man sie kurz darauf in Monteverdis Opern findet, aber Cavalieri verleiht ihm durch eine sehr variantenreiche Vertonung durchaus Profil. Wie zu erwarten, hat René Jacobs wieder einmal viel zum überlieferten Notentext hinzukomponiert, um noch mehr klangliche und melodische Reize zu präsentieren; allerdings stören diese Eingriffe hier weniger als bei Monteverdis Bühnenwerken. Eine so handverlesene und technisch versierte Solistenriege wie bei Jacobs findet man in keiner Vergleichseinspielung, der Staatsopernchor Berlin macht seine Sache ordentlich und diszipliniert (auch wenn man sich in diesem Repertoire geschmeidigere Stimmtypen vorstellen könnte), und in der Continuo-Gruppe sitzen ausgewiesene Experten ihres Faches, die nicht über ihr Ziel hinausschiessen. En besonderes Lob verdient aber die runde und räumlich sehr gut gestaffelte Aufnahmetechnik.
Matthias Hengelbrock, Fono-Forum 5/2015

Klassiktipp
Walter Braunfeld – Verkündigung
Die Rezeption der Musik von Walter Braunfels und ihre wachsende Beachtung im Musikleben machen erfreulich rasche Fortschritte. Die Wiederentdeckung von Komponisten wie Schreker und Zemlinsky scheint diese Braunfels-Rezeption stimuliert zu haben; und nun wird bereits erkennbar, dass sie nachhaltiger ausfallen wird, weil sie weniger zeitgebunden wirkt. Gewiss scheint die Musik von Braunfels recht genau zwischen Strauss und Pfitzner gleichsam auf der Folie des späten Debussy stilistisch zu vermitteln, aber das Sujet vor allem seiner Bühnenwerke erweist sich als gänzlich unabhängig von der jeweils vorherrschenden Zeitströmung, sie ist, ganz im beethovenschen Sinne, eigensinnig.
Das im Mittelalter spielende „Mysterium“ in vier Aufzügen und einem Vorspiel „Verkündigung“ geht auf Claudels Drama „L’annonce faite à Marie“ zurück. Braunfels hätte es gerne im französischen Original vertont, musste jedoch durch eine Verfügung des Dichters auf eine Übersetzung ins Deutsche durch Jakob Hegner zurückgreifen. Doch als Ideendrama ist es nicht unbedingt an eine bestimmte Sprache gebunden. In letzter Instanz geht es in dem Werk um Gottvertrauen, Selbstlosigkeit und Opferbereitschaft – alles Eigenschaften, die in der Nazizeit verachtet wurden, in der Braunfels wegen seiner jüdischen Herkunft aus allen Ämtern vertrieben wurde, nicht mehr aufgeführt werden konnte und sich auch nicht öffentlich betätigen durfte. Ohne Aussicht auf eine Aufführung vollendete er 1935 das Werk, uraufgeführt wurde es erst 1948, und 1992 spielte es Dennis Russell Davies erstmals ein. Die Missachtung der Musik von Braunfels in der Nachkriegszeit, so muss leider konstatiert werden, dauerte länger als das Totschweigen in der Nazizeit.
Nun legt Ulf Schirmer, abermals als Live-Aufnahme, eine inspirierende, spürbar engagierte Einspielung vor, die in der bedeutenden orchestralen Substanz und in der Besetzung der tragenden Rollen dem äusserst anspruchsvollen Werk bestens gerecht wird. Juliane Banse, eine Sopranistin, deren Einsatz für vernachlässigte Musik gar nicht hoch genug zu rühmen ist, gibt der Figur der Violaine naive Unbeirrbarkeit. Adrian Eröd als der ihr versprochene Gatte Jakobäus, der sie liebt, ihr aber nicht vorbehaltlos vertrauen kann, drückt zögernde Entschlossenheit aus. Matthias Klink als Peter von Ulm verkörpert überzeugend Busse und Umkehr, Janina Baechle als Violaines eifersüchtige Schwester freudlose Verbitterung. In dieser Einspielung erweist sich die zweite Szene des dritten Aufzugs, eine Weihnachtsszene, als ein Höhepunkt musikalisch-dramatischer Gestaltung schlechthin, voller Erhebung und Zuversicht, die auch nicht von den letzten Worten der Oper einzuschwärzen sind: „Gepriesen sei der Tod !“
Fono-Forum 1/2015

Klassiktipp
Walter Braunfeld – Verkündigung
Die Rezeption der Musik von Walter Braunfels und ihre wachsende Beachtung im Musikleben machen erfreulich rasche Fortschritte. Die Wiederentdeckung von Komponisten wie Schreker und Zemlinsky scheint diese Braunfels-Rezeption stimuliert zu haben; und nun wird bereits erkennbar, dass sie nachhaltiger ausfallen wird, weil sie weniger zeitgebunden wirkt. Gewiss scheint die Musik von Braunfels recht genau zwischen Strauss und Pfitzner gleichsam auf der Folie des späten Debussy stilistisch zu vermitteln, aber das Sujet vor allem seiner Bühnenwerke erweist sich als gänzlich unabhängig von der jeweils vorherrschenden Zeitströmung, sie ist, ganz im beethovenschen Sinne, eigensinnig.
Das im Mittelalter spielende „Mysterium“ in vier Aufzügen und einem Vorspiel „Verkündigung“ geht auf Claudels Drama „L’annonce faite à Marie“ zurück. Braunfels hätte es gerne im französischen Original vertont, musste jedoch durch eine Verfügung des Dichters auf eine Übersetzung ins Deutsche durch Jakob Hegner zurückgreifen. Doch als Ideendrama ist es nicht unbedingt an eine bestimmte Sprache gebunden. In letzter Instanz geht es in dem Werk um Gottvertrauen, Selbstlosigkeit und Opferbereitschaft – alles Eigenschaften, die in der Nazizeit verachtet wurden, in der Braunfels wegen seiner jüdischen Herkunft aus allen Ämtern vertrieben wurde, nicht mehr aufgeführt werden konnte und sich auch nicht öffentlich betätigen durfte. Ohne Aussicht auf eine Aufführung vollendete er 1935 das Werk, uraufgeführt wurde es erst 1948, und 1992 spielte es Dennis Russell Davies erstmals ein. Die Missachtung der Musik von Braunfels in der Nachkriegszeit, so muss leider konstatiert werden, dauerte länger als das Totschweigen in der Nazizeit.
Nun legt Ulf Schirmer, abermals als Live-Aufnahme, eine inspirierende, spürbar engagierte Einspielung vor, die in der bedeutenden orchestralen Substanz und in der Besetzung der tragenden Rollen dem äusserst anspruchsvollen Werk bestens gerecht wird. Juliane Banse, eine Sopranistin, deren Einsatz für vernachlässigte Musik gar nicht hoch genug zu rühmen ist, gibt der Figur der Violaine naive Unbeirrbarkeit. Adrian Eröd als der ihr versprochene Gatte Jakobäus, der sie liebt, ihr aber nicht vorbehaltlos vertrauen kann, drückt zögernde Entschlossenheit aus. Matthias Klink als Peter von Ulm verkörpert überzeugend Busse und Umkehr, Janina Baechle als Violaines eifersüchtige Schwester freudlose Verbitterung. In dieser Einspielung erweist sich die zweite Szene des dritten Aufzugs, eine Weihnachtsszene, als ein Höhepunkt musikalisch-dramatischer Gestaltung schlechthin, voller Erhebung und Zuversicht, die auch nicht von den letzten Worten der Oper einzuschwärzen sind: „Gepriesen sei der Tod !“
Fono-Forum 1/2015

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Johann Sebastian Bach, Brandenburgische Konzerte, Freiburger Barockorchester
Der tiefe Stimmton von 392 Hz sorgt für einen wunderbar warmen Klang in den Streichern, mit welchem sich die Freiburger wohltuend von zahlreichen eher spröde tönenden Alte-Musik-Ensembles abheben. Die Ecksätze haben mehr Drive und Energie als beim Bach Collegium Japan aber klingen doch nicht so getrieben wie zuweilen bei Gardiner. Die Solisten meistern die grossen Aufgaben, die Ihnen Bachs Notentext abverlangt, hoch souverän (Naturtrompete, Solo-Violine) und sie leisten sich keine agogischen Manierismen. Alles ist in einem natürlichen Fluss. Eine Aufnahme, die in jede gut sortierte Diskothek gehört.

Klassiktipp
Felix Mendelssohn, Streichquartette op. 13, op. 44/1 und op. 80 / Artemis-Quartett
„Es war bereits von Krise die Rede. Davon dass, das Artemis-Quartett seine Identität verloren habe und nicht mehr das Quartett sei, das es einmal war. Innerhalb von fünf Jahren wurden drei Viertel des Ensembles ausgetauscht. Gregor Sigl an der Zweiten Geige und Friedemann Weigle an Bratsche kamen 2007. Im Jahr 2012 kam der Wechsel an der heikelsten Stelle, der Ersten Geige. Anstelle von Natalia Prishepenko nahm Vineta Sareika diese Stelle ein. Das Artemis-Quartett scheint auf der neuen Aufnahme noch etwas sinnlicher und wärmer zu tönen. Die Interpretationen glühen geradezu vor Expressivität und loten den emotionalen Reichtum dieser Musik bis in seine Extreme aus. Das Spektrum reicht von strömender Gesanglichkeit im Andante espressivo aus op. 44/1, über den unbeschwerten Charme des Intermezzo aus op. 13 bis zu den schroffen Tönen aus dem späten f-Moll-Quartett op. 80. Die packende Intensität beruht, wie bei diesem Quartett üblich, auf einem grossen Farbenreichtum und dem sehr genauen Umgang mit dem Notentext. Das absolute Top-Niveau dieses Ensembles wird in dieser Aufnahme eindrucksvoll bestätigt“. Fono Forum 6/2014

Klassiktipp
Konzert für Violoncello und Orchester von Edward Elgar
Jean-Guihen Queyras und das BBC Symphony Orchestra unter Jiri Belohlavek zeigen, dass man dieses letzte grosse romantische Cellokonzert auch anders interpretieren kann als Jacqueline du Pré und Sir John Baribirolli in ihrer legendären Aufnahme von 1965. Wenn im Schlusssatz das Thema des Adagios zitiert wird, bricht nicht das grosse Seufzen aus, und auch im Adagio wird nicht das Weltschmerz-Szenario zelebriert, an das man sich dank du Pré gewöhnt hat. Queyras und Belohlavek gehen dem grossen romantischen Auftrumpfen aus dem Weg und zeigen, dass in diesem Werk etwas Klassizistisches steckt. Eine mehr als valable Alternative zu etablierten Hörgewohnheiten.

Klassiktipp
Beethoven / Belcea Quartet
Der Bratschist Krzysztof Chrozelski sagte vor einiger Zeit über Beethoven’s Quartette „Sie rühren an die tiefsten Schichten des Menschseins. Sie bringen uns mit den intimsten Momenten dessen in Berührung, was uns ausmacht. Wir können immer das Fleisch und die Seele dahinter spüren. Deshalb sind Beethovens Quartette für mich die menschlichste Musik überhaupt“. Dem ist nichts hinzuzufügen.

Klassiktipp
Dobrinka Tabakova – String Paths
Eine CD, die man überhaupt nicht mit sogenannter „zeitgenössischer“ Musik assoziieren kann. Es ist Musik mit grossen Emotionen und grosser Sehnsucht, die in ihrem Stil zuweilen an Arvo Pärt erinnert.
Interpretiert werden diese Werke von herausragenden Interpreten wie Janine Jansen, Maxim Rysanow und dem Lithuanian Chamber Orchestra. Unbedingt hörens- und empfehlenswert.

Jazztipp
Joachim Kühn New Trio: Love & Peace; Joachim Kühn (p), Chris Jennings (b), Eric Schaefer (dr)
Dass es sich bei dem Joachim Kühn New Trio nicht um eine einmalige Angelegenheit handelt, sondern um ein vielversprechendes Zukunftsprojekt, wird jetzt mit „Love and Peace“ bekräftigt. Es ist das Nachfolgealbum von „Beauty & Truth“ (2015), auf dem der für stetige kreative Wandlungen offene Pianist sein aktuelles Trio vorstellte. Der sich unmittelbar danach einstellende Erfolg bescheinigte Kühn, dass er in der Wahl seines Rhythmus-Teams die richtige Entscheidung getroffen hatte. Schon jetzt dürfte sich das New Trio einen festen Platz in seiner imponierenden Diskografie gesichert haben.
Die von der Formation ausstrahlende musikalische Magie beruht einerseits auf der nur scheinbar unauffälligen Art, mit der Chris Jennings‘ Basslinien und Eric Schaefers Beats die vielschichtigen Einfälle des Leaders begleiten. Aber auch darauf, dass Kühn, der in puncto pianistischer Virtuosität und Jazzfeeling schon lange nichts mehr beweisen muss, seine Ideen gemäss seines im Pressetext der Veröffentlichung geäusserten Statements „Nur wer frei lebt, kann auch wirklich frei improvisieren“ einsetzt. Wie geschickt er dabei vorgeht, wird in Eigenkompositionen wie „Mustang“, in der sich die vielen zunächst nur angedeuteten Motive zu einem Thema formieren und in dem nachdenklichen „Barcelona – Wien“ demonstriert. In einigen seiner neuen Stücke, so auch in dem von wuchtigen motorischen Rhythmen angetriebenen „New Pharoah“ finden sich melodische Figuren von bestechender Intensität, die durch Wiederholung noch intensiviert werden.
Dazu passen auch andere Themen wie Modest Mussorgskys „Le Vieux Château“ aus „Bilder einer Ausstellung“ sowie spannende Stücke seiner Trio-Partner, z.B. Chris Jennings „Casbah Radio“. Schon lange Zeit vor seiner Zusammenarbeit im Duo mit dem Altsaxofonisten Ornette Coleman hatte Joachim Kühn einen besonderen Bezug zu dessen Musik. Mit dem liedhaften „Night Plains“ erinnert er an den Avantgardisten.
Gert Filtgen, Fono-Forum 2/2018

Jazztipp
Anouar Brahem: Blue Maqams; Anouar Brahem (oud), Django Bates (p), Dave Holland (b), Jack DeJohnette (dr)
Zu seinem 60. Geburtstag hätte Anouar Brahem sich und uns kein schöneres Geschenk machen können als diese Session in New York im Mai 2017, die man schon jetzt als eine musikalische Sternstunde bezeichnen darf. Maqam ist wörtlich „der Ort, auf dem etwas errichtet ist“ und spielt auf die Kunst der endlosen Improvisation an. Wie Sterne am Himmel über der Medina von Tunis leuchten die Klänge, die Brahem mit seinen drei Mitspielern erzeugt. Das vielbeschworene Thema Orient & Okzident bekommt eine neue Bedeutung durch die Art, wie sich hier ein Dialog zwischen Oud und Klavier entspinnt. Die arabische Kurzhalslaute wird gerne als „der Sultan der Instrumente“ oder ähnlich bezeichnet, weil mit ihm das komplexe Tonsystem gelehrt wird. Mit dem Klavier können allenfalls durch Präparationen oder radikale Umstimmung Vierteltöne erzeugt werden – Terry Riley hat mit dem Kronos Quartett Versuche in diese Richtung gestartet, aber Anouar Brahme komponiert sei Langem viele seiner Stücke am Klavier. Und als der Produzent Manfred Eicher ihm neuere Aufnahmen mit dem Briten Django Bates vorspielte, der mit viel sogenannter „ethnischer“ Musik aufgewachsen ist, wagten sie dieses Experiment.
Das Team aus Dave Holland (Bass) und Jack DeJohnette (Drums) hatte – etwa mit Colin Walcott, Don Cherry und John Abercrombie – jene behutsame und hochsensible Kunst der Begleitung entwickelt, die diesen gewagten Brückenschlag zum Erfolg führt. Seit Anouar Brahems Erfolgsalbum „Le Pas du Chat Noir“ (2002), das zu den Meisterwerken des Tunesiers zählt, dürfte „Blue Maqams“ die Platte werden, die am meisten auch die Hörer ansprechen wird, die weder in der klassischen arabischen Musik noch im zeitgenössischen Jazz bewandert sind. Hier ist es zu hören – „the best of both worlds“. Allein schon das Riff in „Bahia“ zeigt, mit welcher Verführungskraft Anouar Brahem seine Mitspieler zu animieren versteht.
Karl Lippegaus, Fono-Forum 11/2017

Jazztipp
Vijay Iyer Sextet: Far From Over; Graham Haynes (co, fl-h, electronics), Steve Lehman (as), Mark Shim (ts), Vijay Iyer (p. fender rhodes), Stephan Crump (b), Tyshawn Sorey (dr)
Jazz in Zeiten des Aussiebens. In zehn neuen, sorgfältig konzipierten Stücken,mit kompositorischer Sensibilität und inspiriertem Klavierspiel, stimuliert Vijay Iyer die Regsamkeit eines grossartigen neuen Sextetts, das im Handumdrehen aus der Komfortzone der Hörgewohnheiten und des Mainstream lockt. Das Titelstück „Far From Over“, eine ältere Komposition, bezog sich auf dem zweiten Wahlsieg Obamas. „Prekarität“ und „Dringlichkeit“ erwähnt der Bandleader im kurzen Begleittext.
Musik heisst für Vijay Iyer immer auch Community; seit vielen Jahren hat er einen Pool von Gleichgesinnten um sich gebildet, die dieses Sextett überhaupt ermöglichten. „Was es auch sei, ich bin es nicht“ – das wäre genau das Gegenteil von dem, was der indo-amerikanische Künstler in unzähligen Projekten anstrebt. Dass er in den 70er- und 80er-Jahren viel unterschiedliche Musik hörend aufwuchs, bevor anstelle von Originalität die Surrogate ins Kraut schossen, zeigen u.a. „End of the Tunnel“ und „Wake“, die auf „Bitches Brew“ anspielen. Phänomenal, wie Steve Lehman und der erstaunlich Mark Shim ihre Timbres manipulieren, während Tyshawn Sorey die grosse Verzweigtheit seiner Trommelkunst zeigt, wunderbar kontrastiert vom samtigen Ton von Graham Haynes, dem Sohn des Drummers Ron Haynes.
Leichtigkeit kommt zustande, wenn man nicht an sie denkt. Sinnvoll mit seinen Ressourcen umgehend, schliesst Iyer mit neuer Gruppe und profunder Ästhetik auf seinem fünften Album bei ECM an seine Säulenheiligen Thelonious Monk(„Poles“), Horace Silver („Far From Over“) und Andrew Hill auf, während „Good On The Ground“ etwas von György Ligeti übersetzt. Im Finale „Threnody“ ertönt – nach einem Einstieg à la Satie ein phänomenales Lehman-Solo. Wer Iyers Leuchtkraft der Ideen über Jahre gefolgt ist, erlebt hier ein ähnlich ohrenöffnendes Erlebnis wie bei der Big Band, die Thelonious Monk und Hall Overton in der Town Hall vorstellten. In diesem Sommer war das Sextett als eine der Hauptattraktionen bei den grossen US-Festivals gebucht. Iyers Arbeitsmethode für Bands wie diese? „Interact and make something work, build something together“. Gesagt, getan!
Karl Lippegaus – Fono-Forum 9/2017

Jazztipp
Tomasz Stanko New York Quartet: December Avenue, Tomasz Stanko (tp),
David Virelles (p), Reuben Rogers (b), Gerald Cleaver (dr)
Mit seinem neuen Album erinnert Tomasz Stanko an den Schriftsteller und Maler Bruno Schulz (1892-1942). Nur einige wenige Erzählungen und Bilder sind erhalten vom Autor der „Zimtläden“ und haben längst Weltruhm erlangt. Die aktuelle Stanko-CD „December Avenue“ enthält eine „Ballad for Bruno Schulz“ sowie „The street of crocodiles“, benannt nach der englischen Edition mit 16 Kurzgeschichten, die durch das absurde Universum des polnischen Künstlers führen. Als „jüdisch“ und „entartet“ wurde gebrandmarkt, was Schulz, der von einem SS-Mann auf der Strasse erschossen wurde, zu Lebzeiten schrieb und zeichnete. Als er dennoch eine gewisse Berühmtheit erlangt hatte, wurde ihm gar die Welt seines Dorfes zu eng und zu laut. Ihm fehle „die Stille, die musikalische Stille“, schrieb er in einem Brief und sprach von der ruhigen Bewegung des Pendels, das nur dem Gesetz der Schwerkraft und keinen äusseren Einflüssen gehorche. Diese leise Poetik, in der es von Anspielungen an Klänge nur so wimmelt, bildet schon seit einer Weile einen Teil des Repertoires von Tomasz Stankos fabelhaftem New York Quartet.
Neu dabei ist der von Charles Lloyd kommende grosse Bassist Reuben Rogers, der sich wunderbar mit Drummer Gerald Cleaver ergänzt. Mit dem kubanischen, in New York lebenden Pianisten David Virelles formen sie ein Trio, das derzeit seinesgleichen sucht, was Ideenreichtum, Sinn für Balancen und subtile Interaktion betrifft, während Stankos Trompete wie ein Lichtkegel die Schattenwelt streift. „Die Strasse der Krokodile“ nannte man im Volksmund, nachdem Öl in der Gegend entdeckt worden war, eine neue Strasse durchs Heimatdorf von Schulz. Über seine „December Avenue“ lässt der Wahl-New Yorker an der Trompete die seltsamsten Figuren spazieren. Stanko und Virelles wissen mit jedem Solo eine Story zu erzählen. Wie auf Zehenspitzen wandern die glorreichen Vier durch eine Welt zwischen Tag und Traum, die voller Erinnerungen steckt, Reales und Fiktives miteinander mischend.
Karl Lippegaus, Fono Forum 05/2017

Jazztipp
Colin Vallon Trio: Danse, Colin Vallon (p), Patrice Moret (b), Julian Sartorius (dr)
Seit 2010 mach der schweizerische Pianist Colin Vallon, der auf wunderbare Weise sein Instrument zum Singen bringt und ihm erstaunliche Klangmöglichkeiten entlockt, alle drei Jahre ein Trioalbum. In Pernes-les-Fontaines/F, dann in Oslo und zuletzt in Lugano entstand so eine auch vom äusseren Design her ungewöhnliche Trilogie.
Der ersten CD „Rruga“ (Mai 2010) legte die Plattenfirma einen klugen Texte von Steve Lake bei; offensichtlich fand man, die weder aus dem Great American Songbook noch aus Popsongs schöpfende, stets das Eigene betonende Trio-Musik könnte ein paar einführende Notizen gut gebrauchen. Eine konstante Grösse ist Vallons Weggefährte Patrice Moret am Bass, aber für den Drummer Samuel Rohrer spielt seit CD 2 „Le Vent“ (April 2013) sein Kollege Julian Sartorius, ein höchst origineller Kopf und Motor der Band. Vallon hatte auf „Rruga“ trotz eingängiger Themen wie „Telepathy“ und „Iskar“ eine stark experimentelle Richtung, subtile Erforschungen an den Rändern der Stille angepeilt.
„Le Vent“ enthielt Meditationen über Vergänglichkeit und Scheitern, inspiriert vom frühen Krebstod einer Freundin und dem Suizid einer Bekannten, aber auch sehr vitale Momente – mysteriöse Popfragmente („Le Quai“), fulminante Bass-Groves („Pixels“) und heimliche Widmungen an die sich selbst spielenden Maschinenskulpturen von Vallons Landsmann Jean Tinguely („Rouge“). Letzterer taucht auch auf Teil 3, betitelt mit „Danse“ wieder auf.
Es gelingt hier das bislang dichteste, zugkräftigste und antörnendste Werk des Musikers aus Lausanne, der einst den klassischen Klavierunterricht abbrach, dann aber schon mit 18-19 Jahren an einer Jazzschule lernte und seit etlichen Jahren selbst in Bern unterrichtet. So einen Musiklehrer hätte man sich gewünscht. Von Radiohead und Metallica zu den Klavierpräparationen eines Benoît Dalbecq zurück zu frühen Idolen wie Abdullah Ibrahim: Von diesem bestens eingespielten Trio wird all dies und vieles mehr mit Fantasie und Leichtigkeit in hohe Vortragskunst überführt.
Karl Lippegaus, Fono Forum 2/2017

Jazztipp
Atmosphères: Tigran Hamasyan (p), Arve Henriksen (tr), Eivind Aarset (g), Jan Bang (samples)
Schon beim Blick ins Booklet wird klar: Hier gibt es nichts zu erklären, wortreich herzuleiten oder gar zu rechtfertigen. Das Coverfoto in nuancenreichem Schwarz-Weiss sagt mehr, als es jeder kluge Autor hätte tun können. Da liegt eine Hügellandschaft in sanftem Nebel, ein paar Wege – oder sind es Wasserläufe? – sind bei näherem Hinsehen zu erkennen. Die Hügel sind zwar einzeln auszumachen, sie gehen aber in der Vollkommenheit der sich wie Wellen ausbreitenden Landschaft auf. Dazu auf den weiteren Seiten des Heftchens Fotos der Musiker – mehr gibt es nicht zu sagen. Also: Ohren auf!
Was der armenische Pianist Tigran Hamasyan und seine drei norwegischen Musikerkollegen auf der klanglich feinst austarierten Doppel-CD im improvisatorischen Zusammenspiel erkunden, sind keine musikalischen Landschaftsbilder. Illustrativ ist auf dem Album nichts, so wenig die Musik auch über die Kreation von intensiven Sphären hinausgeht. Diese klanglichen Erkundungen wirken wie Vorspiele, die sich gleichzeitig aber dem Diktat der dramaturgischen Entwicklung verweigern. Ausgreifende Melodien sind hier zu Motiven aus wenigen Noten reduziert, am Ende oft wiederholt oder in einem ruhenden Klang verharrend.
Zehn „Traces“ legt das von Produzent Manfred Eicher eigens für dieses feinsinnige Soundprojekt zusammengestellte Quartett. Mit dem klassischen Quartettspiel, dem Wechsel von Soli oder der Rollenaufteilung im Dienste der Klangstruktur hat das nichts zu tun. Hier geht es um ein Auflösen des individuellen Mitteilungsbedürfnisses in einem musikalischen Urgrund. So lässt Jan Bang elektronische Klangszenen aufsteigen, in die sich das Gitarrenspiel von Eivind Aarset aufzulösen schein. Arve Henriksen haucht mit der Trompete die Ahnungen von Melodien dazu, die sich doch nie abkoppeln von der Dichte der von innen leuchtenden grauen Klangwolke, aus der immer wieder neue Lichtreflexe kommen.
Die CD startet („Traces I“) mit einer dieser elektronischen Klangwolken, sanft und urvertrauend. Ein Klavierton tritt hinzu, die Terz, dann bis zur Quinte und zurück zum Grundton. Kleine Schritte für das Instrument, grosse jedoch im Klangkosmos. Oder wie das vorletzte Stück „Traces X“: Wie von weit her rollt eine Klangwelle heran. Sie wird bis zum Ende nicht lauter werden. Die Trompete setzt ihre vorsichtigen Klangerkundungen dazu. Das hat durchaus die Spannung eines Science Fiction Sounds. Aber auch hier gilt: Diese Musik ist kein Aufbruch zu einer Bilderreise. Sie bewegt sich in einer Sphäre, in die sich der Hörer gleiten lassen kann. Und dann ist es Frage der Entscheidung, ob man den minimalen Bewegungen folgen oder der Verführung nachgeben möchte, sich ganz vom Klang umgeben, ihn ins Unbewusste zu lassen, um sich einem sanften Rausch hinzugeben.
Zum guten Spannungsbogen eines Albums gehören natürlich auch Stimmungswechsel. Die vier Musiker fügen denn auch einige Akzente in ihre Klangwelt ein, die durch teils schnelle Tonwiederholungen entstehen. Zwischen ihre musikalischen Wegabschnitte legen die vier zudem einige Klangspuren des armenischen Nationalkomponisten Komitas. Auch dessen Melodien geleiten sie in Sphären, wo sie aufgehen in einem Klangraum, der der Zeitlosigkeit entgegen zu schweben scheint.
Johannes Schmitz, Fono Forum 10/2016

Jazztipp
Anat Fort Trio – Gianluigi Trovesi, Birdwatching
Einige ausgezeichnete israelische Musiker wie der Trompeter Avishai Cohen und der gleichnamige Bassist sorgen in der New Yorker Jazzszene für Aufsehen. Dazu zählt auch die Pianistin Anat Fort, die allerdings bereits mehr als eine Dekade zuvor mit ihrem Debüt für ECM Records „A Long Story“ beeindruckte. Im Jahr 2009 folgte „And If“ und nun „Birdwatching“. Für die Themen ihrer aktuellen CD liess sich die Künstlerin von Abläufen in der Natur inspirieren: dem Zug der Wolken, den Strömungen von Wind und Wasser, aber auch von den Aktivitäten der Tiere. Nachdem sämtliche Stücke aufgenommen waren und ein Albumtitel gefunden werden musste, fand sie, „dass er mit der Bewegung der Vögel zu tun hat und mit dem Beobachten, Zuhören und Warten. Gleichzeitig geht es um das Beobachten des eigenen Innenlebens, der Seele“. Für die musikalische Verwirklichung ihrer Empfindungen war ihr schon langjährig bestehendes Trio bestens geeignet. Jedoch durch das Engagement von Gianluigi Trovesi, der bei diesem Projekt Altklarinette spielt, kam noch eine wichtige Klangfarbe hinzu. Das romantisch klingende Thema „First Rays“, mit dem die CD beginnt, wird von der Pianistin solo vorgestellt und mit stimmungsvollen Motiven variiert. In „Earth Talk“ kommuniziert Fort im Duo mit Trovesi, wobei ihr kristallklares Pianospiel durch den Kontrast setzenden, sonoren Altklarinette-Sound wirkungsvoll hervorgehoben wird. Mit einem dramatischen Drum-Intro setzt „Not The Perfect Storm“ ein, der jedoch in den narrativen Diskursen der Protagonisten schnell besänftigt wird. Anat Forts im Trio vorgestelltes Stück „It’s Your Song“ besticht unmittelbar durch sein heiteres Flair. Von besonderem Reiz sind auch die beiden Parts von „Song Of The Phoenix“: Während die erste Version eher an eine besinnlich Ballade erinnert, symbolisiert die nachfolgende Fassung pure Lebensfreude.
Gerd Filtgen, Fono-Forum 05/2016

Jazztipp
Frank Sinatra, A Voice on Air 1935 - 1955
Aus einem fernen Radioland ertönt 1935 zum ersten Mal seine Stimme – irgendwo versteckt im A-capella-Gesang der Hoboken Four, sogar mit kleinen Steppeinlagen. „Was werden denn Sie und Ihre kleine Pygmäenband denn singen, Mr. Sinatra?“ fragt ein Ansager. – „Swingen werden wir!“ Wenige Monate später bereiste er mit der Tommy Dorsey Band das Land. Schon im dritten dieser über 100 Songs erkennt man Frankie Boy: Wie ein Foto aus einem Entwicklerbad kommt sein genialer Vokalstil hervor. 1940 ist er der Star von Dorseys swingender Big Band. Millionen von Amerikanern lauschen der Radioshow „Fame and Fortune“ – auch Franks junge Familie, die ihn sonst kaum zu Gesicht bekommt. Später sponsern ihn die Tabakfirmen Old Gold und Lucky Strike („Anyone got a match? Now I can listen to Frank Sinatra“)
1942 macht er sich selbständig, und die Mafia soll Dorsey gezwungen haben, ihn gehen zu lassen und auf die frechen 30% all seiner Einkünfte zu verzichten. Woody Allens Film „Radio Days“ zeigt, wie diese Shows damals live im Studio produziert wurden. Direkt auf lackierte Platten wurde mitgeschnitten. Sinatra sammelte sie, und diese bilden den einmaligen Fundus für die erstaunliche Box. Sinatras Familie steuerte vieles bei, sodass der dreifache Grammy-Gewinner und Tonmeister Andreas Meyer aus Queens, N.Y. sie mit einer ganzen Legion von Helfern in jahrelanger Kleinarbeit digital transferieren konnte.
Die Klangqualität ist ganz erstaunlich – viel besser als die Radiohörer das damals hörten. Aus Frankie Boy wird der erste Weltstar des Pop, jemand, der unser Hören veränderte: „The Voice“. Sinatra war Radio. Brillante Jazzer wie Ziggy Elman (tp), Nat „King“ Cole (p), Benny Goodman (cl) und Slim Galland (g) treten auf. Und da ist auch Axel Stordahl, der die grossen Columbia-Studio-Sessions leitete. Legendäre Songschreiber treten in seinen Shows auf. Tolles Geschenk zum 100. Geburtstag
Karl Lippegaus – Fono Forum 02/2016

Jazztipp
Gary Peacock Trio, Now This
Die Sorgfalt in der Aufstellung der Mikrophone, das Nachstimmen des Flügels. Die für solche Aufnahmesessions ungewöhnliche räumliche Nähe der Musiker. All das spürt man in der Intensität dieser Aufnahme. Das sind Peacock- und Copland-Klassiker zu hören, aber auch ein Stück von Scott LaFaro, diesem Bass-Übervater aus dem legendären Bill Evans Trio. Genau diese Auffassung, die die Sidemen der Rhythmussektion als gleichberechtigt einstuft, ist für Peacock bis heute selbstverständlich. Mir hat Marc Copland einmal erzählt, wie er einst mit schlotternden Knien am Flügel vor einem Auftritt auf kleine Bassphrasen des damals schon weltberühmten Peacock akkordisch geantwortet habe, bis sich auf dessen Gesicht ein stilles Lächeln gezeigt habe. Da hatten sich zwei gefunden. Auch das ist schon 30 Jahre her. Passgenau fügt Joey Baron sein Drumset in das Balladenprogramm ein, auch er ein Meister der Andeutung. Leicht und hell, ein klingendes Mobile, ein schwebendes Etwas.
Tilman Urbach, Fono-Forum 7/2015

Jazztipp
Julia Hülsmann Quartet/Theo Bleckmann, A Clear Midnight
Er wusste als einer der Ersten klarsichtig, dass Deutschland für ihn nicht mehr sicher war: Kurt Weill, erfolgreicher Komponist, Brecht-Komplize, mit dem er den Welthit der „Dreigroschenoper“ geschrieben hatte, floh schon 1933 von den Nazis nach Paris. Von da aus ging er in die USA, bewarb sich erfolgreich um die Staatsbürgerschaft und bezeichnete sich fortan als amerikanischer Komponist. Und die Form des kurzweiligen Musicals schien Weill tatsächlich so nah, als habe er es miterfunden.
Wer wäre geeigneter für eine zeitgemässe Jazzinterpretation seiner Songs als der Sänger Theo Bleckmann ? Auch er ein Deutscher in New York, dessen kosmopolitisch geprägter Gesang die Wurzeln seiner Herkunft total verdeckt. Schon in ihrem vorigen Album hatte Julia Hülsmann ihr Pianotrio aus der Suche nach kreativer Veränderung durch den Trompeter und Flügelhornisten Tom Arthurs in ein Quartett verwandelt. Nun hat sich die Formation im Verbund mit Theo Bleckmann Weill in Amerika vorgenommen.
Natürlich mogelt sich auch das europäische „Mack The Knife“ ins Programm, aber „Speak Low“ oder „September Song“ sind eh Jazzklassiker. Auf „Clear Midnight“ tauchen Hülsmann und Bleckmann die Songs in elegisches Halbdunkel und werden doch nie sentimental. Natürlich geht so alles Gassenhauerische, cabarethaft Kantige von Weill verloren. Andererseits nähert sich Bleckmann hier fast zärtlich den Songs und liefert eine atemberaubende Performance. Auch Julia Hülsmann und Tom Arthurs verstehen sich nicht als Sekundanten und schreiten die Melodien behutsam aus, machen aus ihnen kleine Klangpreziosen. Auch wenn Tom Arthurs ein wenig zu stark nach Kenny Wheeler klingt, gelingt hier eine aussergewöhnliche Produktion.
Tilman Urbach, Fono-Forum 05/2015

Jazztipp
Vijay Iyer Trio – Break Stuff
Es braucht mitunter nur zwei Klaviertöne, um einen Raum abzustecken, ein modales Aktionsfeld, in sich rhythmische Volten abspielen. Aber dieses Beharren, dieser unerbittlich flirrende Puls kann über Minuten gehen, ja, leicht moduliert ein ganzes Stück („Hood“) ausmachen. Das ist eben das Besondere am Vijay Iyer Trio, das sich so von anderen Spitzenformationen absetzt. Vom Keith Jarrett Trio, vom Brad Mehldau Trio, die oft erzählerischer sind, melodischer, vielleicht auch konservativer. „Hood“ jedenfalls ist ein Hommage an den Detroiter Minimal-Techno-Produzenten und DJ Robert Hood, dessen Musik Iyer bewundert. Wegen ihrer rhythmischen Überschneidungen, wegen des elektronischen Sounds. Ein musikalischer Referenzpunkt, den Iyer am Flügel, Stephan Crump am Bass und Marcus Gilmore am Schlagzeug mir nichts dir nichts in einen akustischen Rahmen versetzen.
Ahmad Jamal, Andrew Hill, Duke Ellington, aber gleich dahinter James Browns Rhythmussection. Hendrix Band of Gypsys oder Soul-Music aus den 1970-ern – alles Einflüsse, zu denen sich Iyer bekennt. Es ist überhaupt ein Wunder, dass die neue CD „Break Stuff“ keineswegs stilistisch zerfällt, sondern einen Raum öffnet, den diese Formation passgenau ausfüllt.
Hörbar nähert sich Iyer Gottvater Thelonious Monk, indem er sich in „Work“ bis in die Handhaltung und Fingerstellung des genialen Autodidakten hineindenkt. „Countdown“ hingegen zeitigt ein Coltrane-gefärbtes Duo zwischen Iyer und Drummer Gilmore, der hier wie Ed Blackwell agiert, leichtfüssig, irregulär und doch ungeheuer pointiert. Schliesslich endet das Album romantisch, ja, schwärmerisch mit einer schönen Trio-Ballade. Iyer definiert seine eigene Kategorie. Mit diesem Tausendsassa jedenfalls ist weiterhin ganz vorn zu rechnen.
Fono-Forum 2/2015

Jazztipp
Obschon viele Themen aus „The Great American Songbook“ bereits von Legionen von Musikern aus dem Jazz und der leichten Muse in unterschiedlicher Qualität gespielt wurden, hatte das wenig Einfluss auf die unvergänglichen Melodien. Selbst aus dem dürftigsten Remake leuchtet noch immer ein Schimmer ihrer melodischen Essenz. Zum wahren Genuss geraten Evergreens-Interpretationen aber erst dann, wenn sie von Musikern aufgegriffen werden, die sie wie Keith Jarrett mit neuen kreativen Inhalten versehen.
In der Vergangenheit nahm der Pianist mit dem Bassisten Charlie Haden zahlreiche Einspielungen in Trio- und Quartett-Besetzung auf. Dazu kam die im März 2007 entstandene Duo-Einspielung „Jasmine“, die auf Anhieb begeisterte. Daran schliesst sich jetzt die CD „Last Dance“ an. Die bislang unveröffentlichten Stücke stammen von Cole Porter und Kurt Weill & Ira Gershwin, um nur einige aufzuzählen. Sie werden von dem Duo in einer Eleganz reflektiert, die den Charme vergangener Zeiten mit einem zeitgemässen improvisatorischen Ansatz verbindet.
Zwei „klassische“ Themen aus dem Fundus des Modern Jazz, die von den Pianisten Thelonious Monk und Bud Powell stammen, schiessen jedoch den Vogel ab. Eigentlich ist „Round Midnight“ eine ruhige athmosphärische Ballade. Jarrett spielt sie in einem swingenden Mediumtempo, wobei sich erst zum Schluss das Thema einstellt. In „Dance of the Infidels“ knüpft er an Powells kristallklar akzentuierte Phrasierung an und kreiert eine überbordenden Improvisation voller ereignisreicher Motivketten. Mit seinem wuchtigen, bevorzugt in tiefen Lagen angesiedelten Bass-Spiel begleitet Haden das Geschehen und fasziniert mit Soli, in denen jeder überflüssige Ton weggelassen wird.
Fono-Forum 07/2014

Jazztipp
The Gift mit Susanne Abbuehl (voc), Wolfert Brederode (flh), Matthieu Michel (pno), Olavi Louhivuori (dr, perc). Zarte, meditative und manchmal fast sakrale Kompositionen nach Gedichten von Emily Dickinson und Sara Teasdale

Jazztipp
Dino Saluzzi Group, El valle de la infancia / Dino Saluzzi (band), José Maria Saluzzi (g), Felix «Cuchara» Saluzzi (ts, cl), Matias Saluzzi (b)
„Im Kreis seiner Familienband begibt sich Bandoneonvirtuose Dino Saluzzi auf einen Streifzug durch die Volksmusik der Anden – ins „Tal der Kindheit“. Um die Achse „A mi padre e a mi hijo“ gruppiert er kleine Suiten, die dem Volk, dem Volksfest oder einer traditionellen Marienfeier im bolivianischen Cochabamba gewidmet sind. In den zumeist eigenen Stücken greift er Folk-Themen oder die synkopierten Anden-Rhythmen auf und verwandelt sie in moderne Kompositionen mit einer Spur Jazz. Ganz betörend der Zusammenklang von Bandoneon und Gitarre“. Sehr empfehlenswert. Fono Forum 6/2014

Jazztipp
Ralph Towner/Wolfgang Muthspiel/Slava Grigoryan – Travel Guide
Ein Gitarrentriumvirat der besonderen Sorte. Drei Musiker aus drei Kontinenten, alle mit klassischer Ausbildung, doch nur Grigoryan ist auch als klassischer Virtuose unterwegs, Muthspiel mit der E-Gitarre, Towner mit der 12-Saitigen. Zusammen spielen sie filigrane, glitzernde und teils kontrapunktische Stücke von Towner und Muthspiel. Ein tolles Menu für Gitarrengourmets.

Jazztipp
Aaron Parks – Arborescene
Der amerikanische Pianist legt nun bei ECM sein erstes Solo-Album vor. Das Werk hat eine ganz eigene Spiritualität, eine Art stiller Trance, die sich nicht an den Protagonisten des Modern Jazz und seiner Avantgarde orientiert. Eher finden sich Anklänge an Exzentriker der klassischen Musik, wie zum Beispiel Eric Satie. Die Fans swingender Pianistik werden mit dieser CD nicht auf ihre Rechnung kommen. Wer sich allerdings auf Parks einlässt, wird auf einen Pfad geführt, der jegliche Hektik und Betriebsamkeit der heutigen Zeit ausblendet.
Unbedingt hörenswert.

Jazztipp
Billy Hart Quartet, One Is The Other, Mark Turner (ts), Ethan Iverson (p), Ben Street (b), Billy Hart (dr)
Wie eine Band im Lauf der Zeit an Ausdrucksstärke gewinnt und gleichzeitig eine neue Identität bekommt, zeigt sich bei den neuen Aufnahmen des Billy Hart Quartet. Auf dieser neuen CD stammen nun ausser dem Standard „Some Enchanted Evening“ alle Themen von der Band. Nach dem coolen dunkel tönenden Piano-Intro von „Lennies Groove“ besticht Mark Turner mit fantasievollen Chorussen. Wie virtuos Billy Hart sein Drumset einsetzt, hört man anschaulich in der Komposition „Amethyst“. Das eher idyllische Thema wird von Harts Polythythmen kontrastiert. Eine interessante Modern Jazz – Aufnahme

World Music-Tipp
Erika Stucky: Papito; Erika Stucky (voc, comp), Andreas Scholl (countertenor),
FM Einheit , (electr, perc), Knut Jensen, Albert Wieder (arr); La Cetra Barockorchester
Lady Gaga sorgte mit einem Fleischkleid für Furore, Erika Stucky reicht ein Fleischkragen. Dass die Schweizerin einen Sinn fürs Schräge hat, ist ja nicht neu. Ob die Idee zu ihrem Cover-Outfit abgekupfert ist, sei dahingestellt, zu Fleisch aber hat die Performerin einen Draht: Ihr Vater war Metzger. Ihm, der einst aus dem Kanton Wallis nach Kalifornien auswanderte und mit Erika zurückkam, ist das Album gewidmet. Ihn nennt sie „Papito“ – auf Spanisch, in San Francisco praktisch die zweite Landessprache.
Von „Metzger“ ausgehend assoziierte sie „Fleisch“, „Gedärm“, und schon hatte sie einen Klang im Ohr: Darmsaiten. „Ich wollte die Schwingungen von Därmen hören“, sagt sie, „gewissermassen Tiere weinen hören“. Je länger ich darüber nachdachte, desto klarer wurde mir, dass ich mit Barockmusikern spielen wollte. Weil sie diese Saiten benutzen und unter den Klassikern die Wilden sind, die am ehesten improvisieren“. Sieben Musiker des La Cetra Barockorchesters Basel – Streicher, Theorbe, Orgel, Cembalo - , Countertenor Andreas Scholl und zwei Arrangeure im Boot, lud sie noch den Schlagwerker und Sound-Skulpturisten FM Einheit (früher Einstürzende Neubauten) hinzu. Ob das zusammengeht? Und wie!
Wer FM Einheit nur als Berserker mit Metall, Hammer und Flex kennt, begegnet hier einem sensiblen Noise-Poeten, dessen untergemischte Sounds sich mit denen der Barockinstrumente zu faszinierenden, leicht aufgerauten Flächen und Texturen mischen. Einige Standards durchziehen das Programm, wobei Stucky schon mal an deren Musicalherkunft erinnert: „Tea for two“ etwa singt sie mit Scholl im Duett – umwerfend. Ein halbes Dutzend Originals, ein Italo-/Beatles-Medley oder Randy Newmans „Marie“, konsequent aus der Perspektive des Mädchens gesehen, fügen sich perfekt in dieses sehr spezielle, aber auch sehr stimmige Album.
Berthold Klostermann, Fono-Forum 11/2017

World Music-Tipp
Leyla McCalla: A day for the hunter, a day for the prey
Die klassisch ausgebildete Cellistin Leyla McCalla hat dieses Instrument – mit einer sehr perkussiven Spielweise – in die amerikanische Folkmusik zurückgebracht. Denn dort, in den Kompositionen der Stringbands des letzten Jahrhunderts, hatte es seinen festen Platz: Streichmusik, die zum Tanz aufspielte. McCalla hat es sich zur Gewohnheit gemacht, die Musik auf die Strasse zu tragen – egal ob es jetzt eine klassische Sonate ist, oder ein Folksong aus Haiti. Sie lebt in New Orleans, und Strassenmusik hat dort einen etwas anderen Status als bei uns in Europa.
Haiti war die Heimat ihrer Eltern, die jedoch aus politischen Gründen das Land verlassen mussten. Politisches Engagement in musikalischer Verpackung gehört zum Leben von Leyla McCalla. Ihr letztes Album „Vari-Colored Songs“ enthielt mit den Vertonungen von Gedichten des Politaktivisten Langston Hughes noch ein klares politisches Statement. Leyla McCalla ergänzt solch klare politische Statements auf ihrer aktuellen CD vor allem durch die noch breitere Songauswahl. Das haitianische Liederbuch ist nach wie vor ein Fixpunkt, aber neuerdings haben auch ihr Wohnort New Orleans und das französisch-sprechende Cajun-Umfeld einen Einfluss auf ihr Repertoire.
Neue Klänge verdankt die Produktion u.a. den Studiogästen. Marc Ribot verziert mit seiner Gitarre den Haiti-Klassiker „Peze Café“, Rhiannon Giddens, Frontfrau der Carolina Chocolate Drops, kommt für ein Duett vorbei. Wenn die Songs instrumental werden, erhalten die Streicher mit Louis Michot zusätzliche Verstärkung. Gezielt eingesetzte Bläser, Kornett und Klarinette, setzen Klangtupfer. Im Kern jedoch ist es die kleine Familienband um Leyla McCalla und ihren Ehemann Daniel Tremblay, welche diese Südstaaten-Folk-Melodien tragen.
Man stelle sich einen Vorabend in den Südstaaten vor, eine etwas grössere Familienfeier, es wird erzählt, gelacht und Musik gemacht. Die Stimmung ist friedlich gelöst, ab und an wird das Gespräch etwas ernster (z.B. im Lied „Vietnam“) – so in etwa ist die Stimmung dieses Albums.

World Music-Tipp
Aziza Brahim, Abbar el Hamada
Das neue Album „Abbar el Hamada“ (Durch die Hamada) von der aus der Westsahara stammenden Sängerin und Aktivistin Aziza Brahim ist ein beeindruckendes und mitfühlendes Statement über die turbulente Zeit, in der wir gerade leben. In einer Zeit, in der in Europa und anderen Teilen der Welt wieder Mauern und Grenzen aufgebaut werden, ist der poetische Trotz, der in Aziza Brahims leidenschaftlicher Musik durchdringt, besonders zeitgemäss und tiefgründig.
Aufgewachsen in einem Flüchtlingslager in der Wüste Algeriens und mehr als 20 Jahre im Exil (erst Kuba, nun Barcelona) ist die Musik Aziza’s geprägt von Tragödien einerseits und Hoffnungen andererseits, die in dem alltäglichen Leben als Flüchtling so nah beieinander liegen.
Vom pulsierenden Desert Rock „Calles De Daji“, über das afro-kubanische „La Cordillera Negra“, zur düsteren Eleganz von „El Canto Del La Arena“ und die rohe Ballade „Mani“ spiegeln die Musik und die Lyrics von Abbar el Hamada meisterhaft die ruhelose Suche nach Heimat wider. Hamada ist das Wort, das die Sahauris verwenden, um die felsige Wüstenlandschaft entlang der Grenze zwischen Algerien und der Westsahara zu beschreiben, wo zehntausend Menschen in den improvisierten Flüchtlingslagern gestrandet sind.
Innovation, nackte Wahrheit, Menschlichkeit und ein politischer Aufschrei; das ist das Rohmaterial, aus dem Aziza Brahims musikalische Vision geschaffen wurde. Auf ihrem neuen Album verbindet sie diese Elemente in einem unvergesslichen Werk, das zutiefst inspirierend ist.
Während auf Azizas letztem Album „Soutak“, das sie zu einer der angesehensten jungen Stimmen Afrikas machte, die musikalischen Einflüsse ihrer Wahlheimat Barcelona deutlich zu hören waren, hat sie auf ihrem neuen Album die Einflüsse der zeitgenössischen westafrikanischen Musik bewusst mehr mit einfliessen lassen. Dies geschieht insbesondere durch die Zusammenarbeit mit dem senegalesischen Perkussionist Sengane Ngom und dem Drummer Aleix Torbas und die Rückkehr des malischen Gitarristen Kalilou Sangare in ihre Band.
lacandela.de

World Music-Tipp
Mariza – Mundo
In Portugal zählt Mariza zu den grössten Stars. Seit ihrem ersten Album „Fado Em Mim“ (2001) erreichten alle Alben der Fadosängerin Platz 1 der Charts. Drei BBC World Music Awards, zwei Nominierungen für den Latin Grammy und insgesamt 32 Platinauszeichnungen weltweit hat sie abgeräumt. Durchaus verständlich, dass sie einmal durchatmen musste. Fünf Jahre hat sie sich zurückgezogen, um mehr Zeit mit ihrer Familie verbringen zu können. Nun meldet sich Mariza mit einem Album zurück, das ihre ganze Persönlichkeit und ihre Liebe zu vielfältigen Musikkulturen ausdrückt.
Auf ihrem neuen Album „Mundo“ erweitert Mariza ein weiteres Mal ihr Spektrum. Sie setzt sich stilistisch keine Grenzen und kombiniert den Fado mit anderen Musikstilen. So singt sie den Song „Alma“ auf Spanisch. Der spanische Produzent des Albums, Javier Limón, der auch schon ihr Album „Terra“ produzierte, hat ihr dieses Stück auf den Leib geschrieben. Bei „Padoce de céu azul“ singt sie in einer Mischung aus Crioulo – eine auf dem Portugiesischen basierende afrikanische Sprache – und Englisch. Der Song stammt ursprünglich von Tito Paris, einem kapverdischen Sänger. Das Stück ist eine Morna, das westafrikanische Pendant zum Fado. Afrikanische Gesänge treffen bei „Missangas“ auf Folklore aus Nordportugal und bei „Saudade Solta“ klingen brasilianische Einflüsse an.
Bei allen Ausflügen in die lusophone Welt bleibt Mariza dem Fado treu. Viele Songs kommen nur mit ihrer ausdrucksstarken Stimme und Gitarrenbegleitung aus. Die Künstlerin bezeichnet „Mundo“ als vorübergehenden Zielhafen ihrer Reisen und Erfahrungen die sie in ihrer fünfjährigen Pause erlebt und gesammelt hat, und die sie jetzt miteinander verknüpft.

World Music-Tipp
Aziza Brahim, Soutak
Aziza Brahim wuchs in Flüchtlingslagern am Rande der Westsahara auf, entlang der algerischen Grenze. Sie gehört der Bevölkerungsgruppe der Sahrauis an. Als Mitte der Siebzigerjahre spanische Truppen aus der Westsahara abzogen und Marokko das Land besetzte, zog Aziza nach Kuba, auch um dort eine musikalische Ausbildung zu beginnen. Das Studium musste sie abbrechen. Sie ging in die Lager in Algerien zurück und musizierte in verschiedenen Gruppen. Dann der Umzug nach Spanien, wo sie auch noch heute lebt. Die Texte von Aziza Brahim handeln oft von politischem Engagement, auch wenn es sehr persönliche Texte sind. Ihre Lieder singt sie in ihrer Heimatsprache und auf Französisch, aber das starke Booklet in der geschmackvoll aufgemachten CD listet alle Texte in arabisch, französisch und englisch auf. Die Gesangsstimme von Aziza ist das bestimmende Element. Sparsam unterstützen Schlagzeug, Bass, Gitarre und traditionelle Handtrommel. Dabei kommen neben afrikanischer Wüstenmusik auch spanische Flamencogitarren und karibische Rhythmen zum Vorschein. Mit grossem Einfühlungsvermögen hat Chris Eckman (Walkabouts) die akustische Scheibe produziert. Die Musik strahlt eine ungeheure Lebenskraft aus.

World Music-Tipp
Anne Hytta, Draumsyn
Draumsyn, ursprünglich ein norwegisches und isländisches Wort bedeutet Traumvision oder Traumbild. Auf eine traumhafte Reise entführt einen hier die norwegische Musikerin Anne Hytta mit der Hardangerfiedel, der Viola d’Amore und der mittelalterlichen Vielle. Ihre Eigenkompositionen werden sowohl von mittelalterlichen und traditionellen Quellen, als auch von Klangstrukturen zeitgenössischer Komponisten wie John Cage oder Morton Feldman inspiriert. Musik, einmal von zauberhafter Schönheit, dann wieder rauh und direkt ist.

World Music-Tipp
Emilia Amper – Trollfageln
Die schwedische Nyckelharpa-Spielerin und Sängerin nimmt uns auf ihrer ersten Solo-CD auf eine vielseitige und facettenreiche Reise durch ihr persönliches Universum, ihre Liebe zur Musik und zum Norden. Es ist kein Unterschied zwischen den traditionsbasierten und ihren eigenen Liedern zu hören, was man als grosses Kompliment an die Musikalität der Interpretin deuten kann. Unbedingt hörenswert !

World Music-Tipp
Cigdem Aslan - Mortissa
In ihrem ersten Solo-Projekt schöpft Cigdem Aslan aus dem Rembetiko-Liederschatz und singt sowohl in Griechisch als auch in Türkisch. Einige Songs hat sie im Arrangement ihrer Klezmer-Band übernommen. Sie selber ist das Kind kurdischer Eltern. So verschwinden Landesgrenzen, und was bleibt sind Lieder von Sehnsucht, Liebe, Freiheitsdrang in den Harmonien des gesamten östlichen Mittelmeer-Raums. Die Mehrzahl der Lieder haben einen sehnsüchtigen, bluesigen Unterton. Umsonst nennt man Rembetiko nicht den griechischen Blues.

World Music-Tipp
Desfado (dt. etwa Nicht-Fado) von Ana Moura
Das Album, von Larry Klein produziert, wartet mit Gastmusikern wie Herbie Hancock, Tim Ries, u.a.m. auf, die mit ihren fado-untypischen Instrumenten einen jazzähnlichen Klang erzeugen, der aber mit der portugiesischen Gitarre und dem Gesang seine Wurzeln nicht verliert. Ein interessantes und hörenswertes Projekt.

Buchtipp
Leonard Bernstein und seine Zeit
Laaber-Verlag, herausgegeben von Andreas Eichhorn
Leonard Bernstein war eine der faszinierendsten, populärsten und erfolgreichsten US-amerikanischen Musikerpersönlichkeiten des 20. Jahrhunderts und hat die internationale Musikkultur seiner Zeit nachhaltig geprägt. Als gesellschaftlich engagierter Komponist, Dirigent, Pianist, Musikdenker, Publizist und Lehrer verkörperte er den Typus des universalen Musikers. Den traditionellen Grenzen zwischen den Kategorien „leichter“ und „ernster“ Musik hielt er auch als Komponist seine humanistische Überzeugung von der „undendlichen Vielfalt der Musik“ entgegen, die er selbst mit brennendem Enthusiasmus gelebt hat.

Buchtipp
Herbert Blomstedt – Mission Musik, Gespräche mit Julia Spinola
Der Dirigent Herbert Blomstedt wurde als Sohn eines adventistischen Pastors und einer Pianistin in den USA geboren und verbrachte seine Kindheit in Schweden und Finnland, bevor er seine internationale Laufbahn. Das Buch zeichnet die verschiedenen künstlerischen Stationen des Dirigenten nach, von seinem Stockholmer Debütkonzert 1954 bis hin zu den wichtigen Chefpositionen bei der Dresdner Staatskapelle, dem San Francisco Symphony Orchestra und der Position als Leipziger Gewandhauskapellmeister.
Während eines Spaziergangs durch seine mehr als 30‘000 Bücher umfassende Bibliothek gewährt der Dirigent der Autorin Julia Spinola überraschende Einsichten in seine vielfältigen Interessen. In Gesprächen, die während einer Tournee mit dem Gewandhausorchester in diversen Dirigentenzimmern, Limousinen und Hotellobbys geführt wurden, formuliert Herbert Blomstedt auch sein künstlerisches und menschliches Ethos und erzählt von dem Verantwortungsgefühl, das ihn als Künstler leitet.
Ausserdem enthält das Buch Gespräche über das Handwerk und die Kunst des Dirigierens, über die unvergleichliche Grösse Bachs und das Metronom bei Beethoven, über Herbert Blomstedts Liebe zu dem schwedischen Komponisten Wilhelm Stenhammar und über den internationalen Musikbetrieb.
Verlag Henschel/Bärenreiter 2017

Buchtipp
Ulrich Drüner: Richard Wagner – Die Inszenierung eines Lebens, Biografie
Auf Richard Wagner selbst geht die Tradition zurück, Lebensbeschreibung und Werkbetrachtung zu trennen. Er hatte die Darstellung seines Lebens Carl Friedrich Glasenapp anvertraut, während die Zuständigkeit für das Werk – und vor allem für die dahinter liegenden Ideen – Hans von Wolzogen zufiel. Diese Trennung hält sich bis heute, samt ihrem Grundproblem: Wagner als Schöpfer der Bühnenwerke ist kaum in Einklang zu bringen mit dem politischen Bürger, dem Umstürzler und dem schroffen Feind der Moderne.
Diesen Zwiespalt überwindet Ulrich Drüner, in dem er Wagners von Brüchen, Fluchten und Liebessehnsucht geprägtes Leben mit der Beschreibung und Interpretation der Werke fast übergangslos verschränkt. Er entwickelt ein Verstehensmodell, das es erlaubt, sich Wagner in seinen gegensätzlichsten Facetten ohne die bisher üblichen Beschönigungen oder Verteufelungen zu nähern. Neben dem Mythos Wagner, der weitgehend abgetragen wird, entsteht ein Gegen-Mythos. Dieser aber lässt in der Werkbetrachtung Themen anklingen, die dem musikdramatischen Oeuvre eine ganz neue Relevanz zuweist.
Ulrich Drüners unvoreingenommener Blick fördert zahlreiche verblüffende neue Details und Erkenntnisse zutage. Sie betreffen Wagners Verhältnis zum christlichen Glauben und zu seiner eigenen Mutter, seine Hungerjahre in Paris und das oft kreativ bedingte Schuldenmachen, seine strategische Feindschaft gegenüber dem damaligen Meister des Opernwesens, Giacomo Meyerbeer, und den Juden allgemein, sowie seine Ehen mit Minna Planer und mit Cosima, der Tochter seines grossen Freundes Franz Liszt. Drüner zeigt überdies, wie Wagner bestimmte Quellen – Meyerbeers Dramaturgie, Heinrich Heines Werke oder Hegels Philosophie – systematisch tot- oder zumindest kleinredet und andere – etwa Schopenhauers erst sehr spät in sein Leben tretende Philosophie – zur Verwischung der eigentlichen Spuren überbewertet.
Karl Blessing Verlag, München, 2016

Buchtipp
J
John Eliot Gardiner: Bach, Musik für die Himmelsburg
Seit mehr als vierzig Jahren zählt Sir John Eliot Gardiner zu den führenden Bach-Interpreten. Mit seinem Monteverdi Choir hat er weltweit konzertiert und erregte im Bach-Jahr 2000 grosses Aufsehen mit seiner „Bach-Pilgerreise“, als er sämtliche 198 Kirchenkantaten Bachs in 59 Konzerten innerhalb eines Jahres aufführte. Parallel zu dieser praktischen Beschäftigung mit Bachs Kompositionen hat sich Gardiner immer auch für den Kontext der Musik interessiert: Er studierte Autografe, las zeitgenössische Quellen und beobachtete die neuesten Forschungsergebnisse. Vor drei Jahren erschien die englische Erstausgabe, nun liegt die deutsche Übersetzung vor, unter dem Titel „Musik für die Himmelsburg“.
Das Buch beginnt mit einer kleinen Provokation: John Eliot Gardiner schreibt über Bach, er sei zwar als Musiker unbestritten ein Genie gewesen, als Mensch aber nur sehr schwer zu fassen. Die spärlichen Dokumente, die über Bach erhalten sind, zeichnen eher das Bild einer enttäuschend durchschnittlichen Person. – Für seine Annäherung an Bach wählt Gardiner daher eine andere, viel näher liegende Quelle: die Musik selbst. Sie ist für Gardiner die Essenz, aus der sich die vielschichtigen Charakterzüge des Thomaskantors erschliessen.
„Musik für die Himmelsburg“ – so hat John Eliot Gardiner sein Buch überschrieben und möchte diesen Titel doppeldeutig verstanden wissen: zum einen als realen Ort – „Himmelsburg“ nannte man die extrem hohe Weimarer Schlosskapelle, in der Bach seine ersten Kantaten-Serien aufführte. Zum andern steht „Himmelsburg“ aber auch als Metapher für alle religiös inspirierte Musik Bachs, mit der Gardiner durch die jahrzehntelange praktische Erfahrung genauestens vertraut ist. Knapp die Hälfte des Bandes enthält denn auch Betrachtungen der geistlichen Kantaten, Motetten, Passionen und Messen von Bach. Dem Autor gelingt hierbei eine eindrucksvolle Synthese. Er schreibt weder anstrengende wissenschaftliche Analysen noch pathetische Exegesen. Stattdessen erhält der Leser eine schlüssige Gesamtschau über das Vokalschaffen Bachs: Gardiner benennt musikalische Höhepunkte, deckt Querbezüge zwischen den Werken auf und stellt Überlegungen zu Bachs Arbeitsweise und Intentionen an. Gardiners Sprache ist hier so plastisch, dass er keine Notenbeispiele zur Unterstützung benötigt; und noch mehr: Seine Ausführungen etwa zu Bachs erstem Leipziger-Kantaten-Jahrgang gleichen einer spannenden Geschichte von einem hochmotivierten Kantor, des austestet, wie seine Musik im Laufe des Kirchenjahres auf die Zuhörer wirkt, dabei aber auch unter unglaublichem Zeitdruck steht und sich mit vielen Unwägsamkeiten auseinandersetzen muss. – Gardiner weiss wovon er schreibt, und fügt immer wieder geschickt eigene Interpretationserfahrungen ein.
Abseits der Werkbetrachtungen widmet sich Gardiner dem Kontext der Musik. Gleich zu Beginn schildert er seine ganz persönliche Beziehung zu Bach, die schon in frühester Kindheit mit dem Singen von Chorälen begann und über die Gründung des Monteverdi Choir bis hin zur Aufführung sämtlicher Kirchenkantaten führte. Weiterhin zeichnet Gardiner ein faktenreiches Bild von Bachs Lebensumständen in der mitteldeutschen Region an der Schwelle zur Aufklärung und wirft einen Blick auf Bachs komponierende Vorfahren. Ebenfalls sehr originell ist Gardiners Idee, den Werdegang Bachs mit fünf nahezu gleichaltrigen Komponisten zu vergleichen. Händel, Mattheson, Rameau, Telemann und Domenico Scarlatti sind die Auserwählten, deren jeweilige Stärken der Autor treffend hervorhebt. Schliesslich nimmt Gardiner auch noch den Starrkopf Bach unter die Lupe, der sich häufig mit Vorgesetzten anlegte und danach beim Musizieren mit seinem Collegium Musicum im Café Zimmermann entspannte.
John Eliot Gardiners Buch „Musik für die Himmelsburg“ ist in der Fülle der Bach-Literatur eine grosse Bereicherung. Der Fokus liegt hier nicht auf einer vollständigen Chronologie oder Werkdarstellung. So finden sich kaum Hinweise etwa auf Bachs Köthener Zeit, auf seine Claviermusik oder seine Orgelwerke. Umso stärker aber werden die Vokalkompositionen beleuchtet und als Kronzeugen für eine Darstellung des Menschen Bach verwendet. Der erscheint beim Lesen immer deutlicher als tief religiös und verwurzelt im mittledeutschen Luthertum, voller musikalischer Ideen und Eingebungen, aber auch als ehrgeizig und unnachgiebig, kurz: als musikalisch vollkommen und menschlich sympathisch unvollkommen.
Die knapp 700 Seiten sind stets profund, aber doch angenehm leichtfüssig geschrieben. Immer wieder finden Gardiner und sein Übersetzer Richard Barth passende Metaphern, wenn etwa Bachs Arbeitsweise mit der Weitsichtigkeit eines Schachgrossmeisters oder die Betriebsamkeit der ersten Leipziger Jahre mit der hektischen Arbeit an einem Filmset verglichen werden. – Dank Gardiners Bach-Buch kann man dem oft rätselhaften Johann Sebastian Bach wieder ein Stückchen näher kommen.
Bernhard Schrammek, SWR2 Cluster, 05.10.2016

Buchtipp
Jens Rosteck, Brel – Der Mann, der eine Insel war
Ein knappes Jahrzehnt bevor Leonard Cohen und Bob Dylan sich aufmachten, die Welt zu erobern, betrat ein nicht mehr ganz junger Belgier die Bühnen von Paris: Jacques Brel.
Bald lag die Welt des Chansons dem beeindruckenden Sänger mit der expressiven Mimik zu Füssen. Brel bezirzte das Publikum durch seine Leidenschaft und durch ein Repertoire, das alles abzudecken schien von rauer Matrosen-Romantik über beissende Kritik am Spiessertum bis hin zur Melancholie und zarten Liedern über das Altern und die Zerbrechlichkeit der Liebe. Auf dem Höhepunkt seines Ruhmes beendete Brel völlig unerwartet seine Bühnenkarriere. Als habe er geahnt, wie wenig Zeit ihm noch blieb, frönte er jenseits des Rampenlichts umso exzessiver seinen Leidenschaften; den Frauen, dem Filmemachen, dem Fliegen und dem Segeln. Seine monatelangen Segeltouren führten den Getriebenen schliesslich ans Ende der Welt, nach Polynesien. Hier lebte er gemeinsam mit seiner letzten Gefährtin Maddly Bamy, verdingte sich als fliegender Briefträger und schien endlich angekommen. – Bis er, mit nur 49 Jahren viel zu früh, auf „seiner Insel“ Hiva Oa die letzte Ruhe fand.
Mit grosser Kennerschaft und Feingefühl nähert sich Jens Rosteck dem facettenreichen Leben und Schaffen des Ausnahmekünstlers, liefert feinsinnige Interpretationen ausgewählter Chansons und beleuchtet den oft widersprüchlichen Charakter dieses grossen Zweiflers.

Buchtipp
David Schoenbaum: Die Violine – Ein Kulturgeschichte des vielseitigsten Instruments der Welt
1998 verkauft ein Auktionshaus in Köln eine als Stradivari geltende Geige an den Unterhaltungsmusiker André Rieu. Rieu bietet am Telefon zwei Millionen Mark – und wird kurz danach von Experten darauf aufmerksam gemacht, dass die angebliche „Strad“ eine zusammengesetzte Geige mit französischer Decke aus dem 19. Jahrhundert sei. Heute wird für eine echte „Strad“ bis zu zehn Millionen Dollar gezahlt.
Ist das der ganz normale Wahnsinn, den Händler und Musiker gleichermassen befördern, wenn ihnen (angeblich) eine italienische Geige erster Klasse vor die Füsse fällt? Was zählt mehr „Ton oder Zettel“? Das fragliche Instrument war jahrzehntelang von herausragenden Geigern (darunter Mischa Elman) „ohne einen Widerspruch oder eine Beschwerde“ gespielt worden. Lässt sich daraus schliessen, dass eine „Strad“ auch dann schön klingen kann, wenn sie nur teilweise „echt“ ist?
David Schoenbaum lässt die Leserin weiterdenken – und bleibt als Historiker Anwalt der Geschichte. Schoenbaum ist 1968 als Autor des Buches „Die braune Revolution. Eine Sozialgeschichte des Dritten Reiches“ berühmt geworden. Sie liest sich spannendverarbeitev wie ein Krimi und fokussiert bei aller Akribie stets auf das Wesentliche.
Der Autor verarbeitet sein Material aus zwanzig Jahren Recherche in vier Kapiteln: Geigenbau – Geigenhandel – Geigenspiel – Geigen, die die Welt bedeuten. Dabei wird mit den Mythen und Tabus des Betriebs aufgeräumt und der Blick auf Themen gelenkt, die bisher kaum Beachtung gefunden haben. So dokumentiert der Autor im Kapitel „Rasse, Klasse und Geschlecht“, dass die Mehrheit bekannter Geigerinnen und Geiger seit über zwei Jahrhunderten aus der amorphen „Mittelklasse“ kommt – beginnend mit Paganinis Vater, der aus dem Milieu der Genueser Hafenarbeiter stammte, bis hin zum Vater von Joshua Bell, der eine Professur an der Indiana University innehat. Hautfarbe und Geschlecht sind ebenfalls Gegenstand der Darstellung. Die professionellen Orchester der Welt sind weitgehend weiss. In den USA liegt die Quote von Afroamerikanern und Latinos bei 1,8%, auch in den europäischen Orchestern trifft man kaum auf nichtweisse Musiker. Schwarze Geigerinnen finden, wenn, den Weg in den Jazz (wie etwa Regina Carter, die 2002 als erste Jazzmusikerin überhaupt Paganinis „Kanone“ spielen durfte) oder bringen es wie Ginger Smock (1920-1995) „als bronzefarbene Zeigeunerin“ bis nach Las Vegas und Hawaii. Smock war Mitglied der Los Angeles Junior Philharmonic, spielte unter Otto Klemperer und gefiel den Managern des Klassik-Labels RCA, solange sie nicht wussten, dass die Interpretin der Demo-Aufnahme „ein farbiges Mädchen von da oben in San Francisco“ war.
Der Autor rückt in seinen Darstellungen stets den Menschen ins Licht. „Er hatte keine praktische Kenntnis von menschlichen Beziehungen“, sagt Jeremy Menuhin über seinen berühmten Vater. Die Japanerin Midiori wiederum, die mit 21 Jahren bis zu 95 Konzerte jährlich spielte, verfiel „immer tiefer in Rebellion, Anorexie und suizidale Depression“. Anders Maddalena Lombardini Sirmen,die als 15-Jährige durchsetzte, bei Giuseppe Tartini in Padua zu lernen, und anfing, ihre Karriere als Geigerin und Komponistin an die Hand zu nehmen.
Wo andere sich von der Fülle des Material überwältigen lassen, führt hier ein Autor Regie, den der „Wunsch nach Aufklärung“ antreibt. Schoenbaum hat mit seiner Sozial- und Kulturgeschichte der Violine einen neuen Standard geschaffen. Das Buch dürfte als Referenzwerk in die Musikgeschichtsschreibung eingehen und gleichwohl ein breites Publikum interessieren.
Corinne Holtz – NZZ am Sonntag

Buchtipp
Bernadette Mayrhofer/Fritz Trümpi
Orchestrierte Vertreibung – Unerwünschte Wiener Philharmoniker
Verfolgung, Ermordung und Exil
29 Musiker der Wiener Philharmoniker wurden ab März 1938 verfolgt, ermordet oder vertrieben. „Herzstück“ des Buches bilden 17 biographische Porträts betroffener Musiker. Diese Porträts erzählen von den schmerzhaften Erfahrungen der gewaltvollen Vertreibung aus dem Orchester uns aus Wien, aber auch von den beruflichen und privaten Entwicklungen im Exil. Nach 1945 kehrte kein einziger der vertriebenen Philharmoniker ins Orchester zurück.
Das Buch beschäftigt sich auch mit dem Verhältnis der Wiener Philharmoniker zu seinen ehemaligen vertriebenen Mitgliedern in der Nachkriegszeit 1945 – 1956.
Das Orchester war im Nationalsozialismus fast zur Hälfte mit NSDAP-Mitgliedern besetzt, die 1945 nur in wenigen Fällen entlassen oder pensioniert wurden. Zahlreiche hier erstmals veröffentlichte Quellen werfen ein neues Licht auf das Traditionsorchester sowie auf dessen Umgang mit „seinen“ exilierten Mitgliedern.
mandelbaum Verlag

Buchtipp
Galina Ivanovna Ustvol‘skaja – Komponieren als Obsession, Andreas Holzer, Tatjana Markovic
Galina Ivanovna Ustvol’skajas Musik wurde im Westen erst gegen Ende des
20. Jahrhunderts bekannt, obwohl sie Schülerin des berühmtesten sowjetischen Komponisten Dmitri Schostakowitsch war. Extrem zurückgezogen verbrachte sie fast ihr ganzes Leben in Sankt Petersburg. Auch wenn sie aus materiellen Gründen anfänglich Kantaten oder Suiten verfasste, die den kulturpolitischen Ideologien des Staates entsprachen, so fand sie doch sehr früh – gewissermassen auf einer zweiten Schiene – zu einem äusserst eigenständigen, unverwechselbaren Kompositionsstil. Ihre zunehmend religiös, aber auf keine Konfession hin ausgerichteten „eigentlichen“ Werke – nur 25 an der Zahl – zeichnen sich durch einen radikalen Reduktionismus aus und sind gespickt mit extremen Ausdrucksmitteln. In diesem Buch wird versucht, sowohl das eigenwillige künstlerische Profil der Komponistin als auch ihre Verankerung im kulturpolitischen Kontext herauszuarbeiten.
Böhlau Verlag

Buchtipp
Christian Gerhaher, „Halb Worte sind’s, halb Melodie“ – Gespräche mit Vera Baur
Christian Gerhaher ist ein Ausnahmekünstler. Vom Publikum gefeiert, von Kritik und Fachwelt umjubelt und in seinem Rang als Liedsänger oftmals mit Dietrich Fischer-Dieskau verglichen, bleibt der Münchner Bariton (Jg. 1969) ein Zweifler, einer, der sich selbst und seine Kunst fortwährend in Frage stellt. Er studierte Philosophie und ist promovierter Mediziner. Seine stimmliche Ausbildung erhielt er als Gaststudent an der Münchner Musikhochschule sowie in Meisterkursen bei Dietrich Fischer-Dieskau, Elisabeth Schwarzkopf und Inge Borkh. Spätestens seit seinem Debüt bei den Salzburger Festspielen 2006 setzt er nicht nur Massstäbe in der Lied-Interpretation und im Konzertgesang, sondern ist auch ein international gefragter Darsteller auf der Opernbühne. Christian Gerhaher hat eine umfassende Diskographie vorzuweisen und zahlreiche Auszeichnungen erhalten, so etwa den Sonderpreis der Deutschen Schallplattenkritik für besondere Leistungen, „Die Nachtigall“ (2014)
In diesem Gesprächsband, der gemeinsam mit der Musikwissenschaftlerin Vera Baur entstanden ist, reflektiert Christian Gerhaher erstmals in Buchform Themen und Erfahrungen, die ihn bewegen und die seine Laufbahn geprägt haben. Die Lektüre zeigt einen aussergewöhnlichen und nachdenklichen Menschen, der in der Kunst vor allem Existenzielles sucht
Henschel Bärenreiter

Buchtipp
Monika Mertl – Nikolaus Harnoncourt – Vom Denken des Herzens, eine Biographie
Nikolaus Harnoncourt zählt heute zu den „Alten Meistern“ im Musikleben unserer Zeit. Der österreichische Dirigent, der bedeutenden Kapitel der Musikgeschichte umgeschrieben hat, polarisiert Publikum und Kritik wie kein anderer.
Dieses Buch zeigt einen kontroversiellen Quereinsteiger auf dem langen Marsch durch die Instanzen und erzählt, wie er sich auf dem Weg des Erfolgs selbst die Treue hielt. Es beschränkt sich nicht darauf, Harnoncourts Entwicklung vom Cellisten und Spezialisten für Alte Musik bis zum bahnbrechenden Interpreten von Mozart und Beethoven, Schumann und Johann Strauss, Bruckner und Offenbach nachzuzeichnen, sondern beleuchtet vor allem den biographischen und weltanschaulichen Hintergrund, durch den seine Arbeit unverwechselbar wird. Spezielle Aufmerksamkeit gilt der einzigartigen Partnerschaft mit seiner Frau Alice, die hier nicht in der traditionellen Rolle der Künstlergattin festgelegt bleibt, sondern in ihrer komplexen Funktion gewürdigt wird.

Buchtipp
„Ich will Musik neu erzählen“ – René Jacobs im Gespräch mit Silke Leopold
René Jacobs gehört zu den renommiertesten Dirigenten der Oper zwischen Monteverdi und Mozart – Werken, die er sowohl an den zentralen Opernhäusern in Europa realisiert als auch auf dem CD-Markt in Referenzaufnahmen präsentiert.Der gebürtige Belgier begann seine Karriere als auf historische Aufführungspraxis spezialisierter Sänger im Fach Altus.In diesem Buch gibt er in der lebendigen Form des Gesprächs mit der Opern- und Barockexpertin Silke Leopold erstmals Auskunft über deine Arbeit als Dirigent und Sänger, über seine Karriere und alle Fragen rund um Aufführungspraxis und Interpretation. Mit einer Einführung in die jeweilige Thematik durch Silke Leopold.

Buchtipp
Ein brillantes Kompendium der Klaviermusik, das zeigt, dass der herausragende Pianist ebenso ein glänzender Stilist und Analytiker ist.
Das Buch enthält alle seine vielgerühmten Texte zur Musik in einer erweiterten und überarbeiteten Ausgabe. Eine Pflichtlektüre für alle Musikkenner und -liebhaber.

Buchtipp
Richard Strauss Handbuch
Gerade rechtzeitig zum 150. Geburtstag dieses bedeutenden Spätromantikers kommt nun dieses Handbuch auf den Markt. Es bietet ein differenziertes Bild des Komponisten, beleuchtet die aktuellen Trends der Forschung und lädt zugleich dazu ein, nicht nur den populären Strauss der Opern und Tondichtungen, sondern auch den Komponisten von Liedern und Kammermusik kennenzulernen. Das Buch stellt auch den Dirigenten Strauss, den Musikfunktionär, den Geschäfts- und Privatmann vor. Ebenso wird der Kontext seines Schaffens und seine kompositorische Arbeitsweise beleuchtet.

Buchtipp
Buch / Benjamin Britten Biographie
Es spricht vielleicht für die Bedeutung, die dem bedeutendsten britischen Komponisten des 20. Jahrhunderts im deutschsprachigen Raum zugemessen wird, das dieses kleine Rororo-Bändchen das einzige Buch in deutscher Sprache über Benjamin Britten darstellt, das momentan auf dem Markt ist. Der Ärmelkanal hat offensichtlich eine grössere Trennwirkung als die paar Kilometer zwischen dem alten Kontinent und der Insel. Schade, dass dieser Jubilar im Jahre 2013 im grossen Trara um Wagner und Verdi ein wenig untergeht.

Buchtipp
Zeiten und Klänge – Biographie von Kurt Masur
Dieses Buch, geschrieben von Masurs langjährigem Vertrauten Johannes Forner, erschien anlässlich des 75. Geburtstages dieses grossen Dirigenten und Humanisten im Jahre 2002.
Ich empfehle dieses Buch, weil ich am 20. November 2013 die Gelegenheit hatte, das Tonhalle Orchester Zürich unter der Leitung von Kurt Masur zu hören. Es war sehr berührend und beeindruckend zu erleben wie der kranke Dirigent aus dem Rollstuhl das hellwache Orchester mit minimalstem Körpereinsatz zu führen vermochte.

Konzerttipp
Mittwoch, 9. Mai 2018, 19.30 Uhr, Stadthaus Winterthur
Musikkollegium Winterthur
Leitung: Reinhard Goebel
Cembalo: Kit Armstrong – Artist in Resonance
Flöte: Dimitri Vecchi
Blockflöte: Elisabeth Wirth, Max Volbers
Oboe: Maria Sournatcheva
Trompete: Pierre-Alain Monot
Violine: Roberto González Monjas
Viola: Jürg Dähler, Nicolas Corti
Viola da Gamba: Rebeka Rusó, Martin Zeller
Johann Sebastian Bach: Brandenburgische Konzerte BWV 1046-1051

Konzerttipp
Sonntag, 31. Dezember 2017, 19.30 Uhr, Stadthaus Winterthur
Russische Silvestergala
Musikkollegium Winterthur
Leitung: Vladimir Fedoseyev
Solistin: Anna Vinnitskaya, Klavier
Alexander Skrjabin: Rêverie in e-Moll, op. 24
Sergej Rachmaninoff: Konzert für Klavier und Orchester Nr. 3 in d-Moll op. 30
Peter Tschaikowsky: Ballettsuite „Der Nussknacker“, op. 71a

Konzerttipp
Donnerstag, 2. November 2017, 19.30 Uhr, Stadthaus Winterthur
Musikkollegium Winterthur
Leitung: Thomas Zehetmair
Solist: Mischa Maisky, Violoncello
Richard Dubugnon – Kammersinfonie Nr. 2, Auftragswerk des Musikkollegiums Winterthur
Dmitri Schostakowitsch – Konzert für Violoncello und Orchester Nr. 1 in Es-Dur, op. 107
Ludwig van Beethoven – Sinfonie Nr. 6 in F-Dur, op. 68 „Pastorale“

Konzerttipp
Freitag, 9. Juni 2017, 19.30 Uhr, Stadthaus Winterthur
Musikkollegium Winterthur
Leitung Mario Venzago
Sopran Rachel Harnisch
Tenor Jörg Dürrmüller
Bass Jordan Shanahan
Othmar Schoeck – „Sommernacht“ Pastorales Intermezzo op. 58
Othmar Schoeck – „Besuch in Urach“ für hohe Stimme und Orchester aus dem Liedzyklus „Das holde Bescheiden“ op. 62
Othmar Schoeck – „Vom Fischer un syner Frau“, dramatische Kantate für drei Solostimmen und Orchester op. 43

Konzerttipp
Mittwoch, 22. März 2017, 19.30 Uhr, Stadthaus Winterthur
Musikkollegium Winterthur
Violine und Leitung Roberto González Monjas
Othmar Schoeck: Serenade für kleines Orchester op. 1
Wolfgang Amadeus Mozart: Marsch in D-Dur, KV 249
Wolfgang Amadeus Mozart: Serenade Nr. 7 in D-Dur, KV 250 „Haffner“

Konzerttipp
Samstag, 17. Dezember 2016, 19.30 h, Stadthaus Winterthur
Paul Hindemith: „Das Marienleben“ op. 27 – Liederzyklus auf Gedichte von Rainer Maria Rilke
Maya Boog, Sopran
Michael Lakner, Klavier

Konzerttipp
Mittwoch, 14. September 2016, 19.30 Uhr, Stadthaus Winterthur
Saisoneröffnung mit dem neuen Chefdirigenten des Musikkollegiums Winterthur Thomas Zehtmair. Zur Aufführung gelangen Werke von
Anton Webern – Variationen für Orchester op. 30 „Rychenberg-Variationen“
Elliott Carter – Konzert für Oboe und Orchester, Solist Heinz Holliger
Johannes Brahms – Sinfonie Nr. 2 in D-Dur op. 73

Konzerttipp
Freitag, 11. März 2016, 19.30 Uhr, Stadthaus Winterthur
Gesprächskonzert mit Reinhard Goebel: Mozart und die Violine
Das Musikkollegium Winterthur spielt unter Leitung von Reinhard Goebel Konzerte von Thomas Linley, Johann Bapist Vanhal, Luigi Gatti und Wolfgang Amadeus Mozart.
Als Solisten kommen Mirijam Contzen und Roberto González Monjas, Violine, zum Zug

Konzerttipp
12. Dezember 2015, 19.30 Uhr, Stadthaus Winterthur
Isabelle Faust, Violine, spielt die Sonaten und Partiten für Violine solo, BWV 1001 – 1006, von Johann Sebastian Bach. Das Konzert-Ereignis der Saison.
CD’s von Isabelle Faust finden Sie wie immer bei bennos Kulturtreff

Konzerttipp
17. und 18. Juni 2015 Stadthaus Winterthur, 19.30 Uhr
Ingrid Fliter und das Musikkollegium Winterthur unter Douglas Boyd spielen Frédéric Chopins zweites Konzert für Klavier und Orchester in f-Moll op. 21. Umrahmt wird das Solo-Konzert von zwei Werken Ludwig van Beethovens, der dritten Leonoren-Ouvertüre op. 72 und der fünften Sinfonie in c-Moll op. 67.
Chopin-CD’s mit Ingrid Fliter gibt’s im Übrigen bei bennos Kulturtreff

Konzerttipp
25. und 26. Juni 2014, Stadthaus Winterthur, Beginn 19.30 Uhr
Zum Saisonabschluss nehmen sich das Musikkollegium Winterthur und sein Chefdirigent Douglas Boyd Beethovens einzige Oper „Fidelio“ vor. Dieses Hohelied der Liebe, der Freiheit und der Brüderlichkeit erklingt in einer konzertanten Aufführung. Die Solisten kommen alle aus der Garsington Opera, wo Boyd als künstlerischer Leiter tätig ist. Weiter singt die Zürcher Singakademie (Einstudierung Tim Brown). Lassen Sie sich diesen Meilenstein der Opernliteratur nicht entgehen.

Konzerttipp
9. April 2014 in der Stadtkirche Winterthur, Beginn 19.30
Ralph Orendain spielt mit dem Musikkollegium Winterthur und Douglas Boyd „The Lark ascending“, die Romanze für Violine und Orchester von Ralph Vaughan Williams. Weiter stehen der „Karfreitagszauber“ aus Wagners Oper Parsifal und die 3. Sinfonie, „A Pastoral Symphony“ ebenfalls von Vaughan Williams auf dem Programm. Die Sopranpartie im Schlusssatz dieser Sinfonie singt Maya Boog.

Konzerttipp
Maurice Steger, Blockflöte, spielt am 19.12.2013 mit dem Musikkollegium Winterthur Concerti von Antonio Vivaldi, Leonardo Leo, Georg Philipp Telemann und Arcangelo Corelli.
Stadthaus Winterthur, Beginn 19.30 Uhr.
Die aktuellen CD’s von Maurice Steger sind bei bennos Kulturtreff verfügbar.